„In meinem Himmel“ – Wenn wir alles zeigen können, ist am Ende nichts zu sehen

Die Üblichen Verdächtigen kommen aus „In meinem Himmel“ und sind unzufrieden: zuviel Kitsch, zuviel plakative Ergriffenheit – selbst Thomas, der dem Film noch am ehesten zugetan war, hätte gerne den Kitschregler runtergedreht. Hören Sie im Podcast, warum die gezeigte Zwischenwelt hanebüchen und warum der Film trotz erstklassiger Darsteller ärgerlich und unangemessen ist. Und am Ende beginnt eine Diskussion darüber, was passiert, wenn das aktuelle Kino alles bebildern will, was es bebildern kann. Wenn wir alles zeigen können, ist am Ende nichts zu sehen:

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Im Grunde liefert Peter Jackson zwei Filme ab: einen spannenden, düsteren Krimi, der leider nicht zu einem Ende findet und die überbunte, klischeebeladene Paradieswelt eines 14-jährigen Mord- und Vergewaltigungsopfers. Schicksalsergebene Trauerarbeit, ein naives „Schreckliche Dinge passieren, aber wir lernen darüber hinwegzukommen“ – ist das die angemessene Art mit einem derartigen Verbrechen umzugehen? Peter Jackson übernimmt diese problematischen Elemente aus der in den USA sehr erfolgreichen Romanvorlage von Alice Sebold. Beim Perlentaucher lesen wir:

„Dabei geht es Alice Sebold, wie Kredel meint, nicht um das Verbrechen und seine Bedeutung, sondern um eine „therapeutische Anleitung zum Trauern“, denn natürlich werde am Ende alles gut. „Die Realität ist manchmal schrecklich, aber auch voller Trost“, fasst Kredel die eher küchenpsychologische Botschaft des Buches zusammen und legt die Vermutung nahe, dass Sebold damit schlechthin das Buch für ein trauerndes Amerika geschrieben hat, das den Horror erfahren hat und nach Heilung dürstet.“

Küchenpsychologie und dazu eine vollständig ausgefilmte Fantasiewelt … Wo Peter Jacksons Plastilinfiguren bei „Heavenly Creatures“ der Vorstellungskraft der Zuschauer als Treibsatz dienten, hat er hier zuviele knallbuntnaive Feuerwerksraketen abgeschossen, die keinen Kinohimmel erreichen werden. All das überdeckt die Meisterschaft mit der Jackson den eigentlichen Krimi inszeniert. Ein großer Regisseur, aber kein großer Film.

Text und Podcast stehen unter einer Creative Commons-Lizenz.
Quelle: SchönerDenken

Andere Meinungen

Birte Lüdeking erklärt bei critic.de:

„Gegen Ende folgt eine weitere missstimmige Parallelmontage, die vielmehr bizarr, statt bewegend ist: Susie kehrt noch einmal auf die Erde zurück, indem sie in den Körper eines anderen Mädchens fährt, um sich den verpassten ersten Kuss von ihrem Schulschwarm abzuholen. Als wäre diese dem Buch entliehene Liebesszene nicht schon grotesk genug, präsentiert Peter Jackson zudem den Mörder, wie er zeitgleich Susies zerstückelte, in einem Safe aufbewahrte Leiche verschwinden lässt. Nachdem Überresteentsorgung und übersinnliche Romantik gemeinsam vollzogen sind, kann die Protagonistin dann endlich in den sonnigen CGI-Himmel einziehen. So sieht Kindsmord als Wohlfühlkino aus.“

Christopher von Moviezkult ist ebenfalls enttäuscht:

„Der Regisseur verpasste es, den Fokus auf einen Handlungsstrang zu legen, um entweder ein feinfühliges Drama oder einen spannenden Thriller zu inszenieren. So ist The Lovely Bones ein kruder Mischmasch aus beidem, aber nichts Halbes und nichts Ganzes. Jackson lässt dem Zuschauer keine Chance, die ohne Frage ästhetisch inszenierten Szenen auf sich wirken zu lassen, lässt ihm kein Freiraum für eigene Gedanken.“

Mehr Meinungen bei film-zeit, OFDB und movie-pilot.

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