Erinnern Sie sich noch an diese kleinen hüpfenden Männchen mit ihren lustigen Anzügen? Schwerkraft war damals wirklich noch ein Fremdwort und der Mond nur was für die verrückten Amerikaner. Als am 21. Juli 1969 eine krächzende Stimme erklärte „the eagle has landed“, um kurz danach mit einem kleinen Schritt einen großen für uns alle zu tun, lebten und dachten wir noch schwarz-weiß. Und doch lernten wir an diesem an diesem Tag, dass es scheinbar leichter war, das mare crisium zu erforschen als Tante Olga in Karl-Marx-Stadt zu besuchen.
Der Tag an dem wir den ersten Schritt vor die eigene kosmische Haustür machten, fand für die meisten von uns in der Nacht statt. Amstrongs Fußabdruck im extraterrestrischen Sandkasten nahmen wir wahr, verstanden haben wir es nicht. Das plastikumhüllte Sternenbanner und das Dunkel des Weltraumes – faszinierend.
Die Mondlung noch einmal erleben bei „We choose the moon“ / Das sagten die Deutschen 1969 über die Mondlandung. / Special und Programmtipps bei arte.tv
Noch gab es keine eloquenten Expertenrunden, die dem unvorbereiteten Zuschauer innerhalb von Sekunden mit ebenso wissenschaftlichen wie unverständlichen Mutmaßungen beglückten. Noch war das Erreichen ferner Planeten und Trabanten nicht so selbstverständlich, dass sich auch ansonsten wissenschaftlich Unbedarfte zu Erklärungen aufschwangen und uns das Außergewöhnliche als Normalität zu verkaufen suchten. Der routinierte Jubel in Pasadena war uns ebenso fremd wie die Frage, ob man das viele Geld nicht besser in Kindergärten investiert hätte. Die Mondlandung blieb, wenn auch nur für kurze Zeit, etwas unglaubliches.
So unglaublich, dass sich schon bald die ersten Verschwörungstheoretiker daran machten Zweifel an deren Echtheit zu sähen. Ferne Welten auf einmal zum greifen nah, und wer hat das gemacht? Die Amis natürlich wieder. Ausgerechnet die, erst Bomben auf Hanoi werfen und dann zum Mond fliegen. Waren da nicht Zweifel angebracht, zumal Hollywood den menschlichen Phantasien ja keine Grenzen zu setzen schien. Die vorgebrachten Verdachtsmomente waren, wie soll man sagen, nicht besonders stichhaltig und von einem Abiturienten mit Leistungskurs Physik durchaus zu widerlegen. Nur waren seine Antworten nicht ganz so spannend wie die Fragen der „Kritiker“.
Vierzig Jahre danach quälen uns ganz andere Sorgen. Kritisch fragt man sich in unserem anwendungsorientierten Zeitalter nach der Performance dieses Ausflugs. Anders ausgedrückt, was hat uns dieser Trip jenseits der Teflonpfanne und dem Taschenrechner eigentlich gebracht? Hätten wir das Ganze nicht ein paar Jahre später mit Robotern erledigen können? Kirks Appell „Vorwärts stürmen wo Engel angstvoll weichen“ ist ein wenig aus der Mode gekommen. Der Beruf des Astronauten rangiert bei den Jugendlichen in der Beliebtheitsskala auf Platz zehn, hinter dem des Tänzers und des Lehrers. Nun – ein wenig schwierig ist es schon Begeisterung für die Ferne zu wecken, wenn man in der Nähe schon alles hat.
Denjenigen, die sich daran gewöhnt haben Milliarden von Euro im Namen der Effizenzsteigerung zu versenken, bleibt das Abenteuer Mond vielleicht doch ein wenig fremd. Möglicherweise haben wir, wie die Süddeutsche Zeitung vermutet, ja tatsächlich mit der Mondlandung den „Zenit der Moderne“ überschritten. Jener Zeit also in der die Natur noch als Herausforderung und nicht als Pflegefall angesehen wurde. Die Umwandlung der Raumfahrt in ein Speditionunternehmen jedenfalls schreitet rasant voran. Statt dem Griff nach den Sternen steht der Transport von technischem Material im Vordergrund. Die Welt da draussen ist teurer, virtueller und gefährlicher geworden.
Gleichzeitig haben wir mit dem Vorstoß in den Nano-Bereich den Fortschritt aus den Augen verloren. Nicht Mondstationen oder ein Leben in der Tiefsee, sondern die Entschlüsselung der DNA sowie die unwiderstehliche Magie von Bits & Bytes beherrschen die Schlagzeilen. Gar nicht erst zu reden von den Problemen des Alltags. Hinsichtlich der bemannten Raumfahrt hat die Schwerkraft auf der Erde in den letzten Jahren zugenommen. Der Abstand zum Mond scheint wieder ein Stück gewachsen zu sein.