Obama oder McCain? Nur noch drei Tage bis zur Wahl des mächtigsten Mannes der Welt. Die Wartezeit bis zur Entscheidung, wer Präsident der Vereinigten Staaten wird, vertreiben wir Ihnen mit unserer Serie “All the Presidents”.
Ach du je, ist das schwierig mit diesem Film von 1997: Auf der einen Seite ist er propagandistischer Müll der allerübelsten Sorte und sollte deshalb eigentlich möglichst wenig beachtet und damit auch nicht rezensiert oder gar empfohlen werden, auf der anderen Seite besteht er als hervorragend gefilmter Actionstreifen, der keine Sekunde langweilig ist.
Genauso ambivalent verhält es sich mit der Hauptfigur, dem amerikanischen Präsidenten James Marshall: gutaussehend, charismatisch, aufrichtig und wahrheitsliebend, eben ganz das role model des Darstellers Harrison Ford, ist er klar als Demokrat angelegt; was die Ansichten angeht (Familie über alles, Terroristen niedermähen, dort als Weltpolizei einmarschieren, wo einem die politischen Verhältnisse nicht behagen) allerdings ebenso deutlich als Republikaner.
Vielleicht sollte man sowieso angesichts der unrealistischen Story – kasachische Terroristen kapern die Air Force One mit dem Beraterstab des Präsidenten, ihm selbst und seiner Frau und seiner Tochter an Bord, um ihren Anführer freizupressen und letzten Endes aus Russland wieder die Sowjetunion zu machen; dem Präsidenten gelingt es, die Attentäter zu überwältigen und seine Familie zu retten – einfach gleich umschalten auf bloße Unterhaltung und nicht allzu viel nachdenken: spannungsgeladene Action erhebt nun schließlich seltenst einen akademischen Anspruch.
Und vom Filmischen her gesehen hat der Regisseur Wolfgang Petersen mit seinem superben Kameramann Michael Ballhaus (einem der bedeutendsten Kameramänner national und international, man denke nur an die Zusammenarbeit mit Rainer Werner Fassbinder, Martin Scorsese, Francis Ford Coppola etc. etc.) alles dafür getan, dass die Zuschauer im Kino vor Spannung auf die Kante des Sessels rutschen. Manche werden angesichts des atemberaubenden Tempos, des klaustrophobisch beklemmenden Sets an Bord der Air Force One, des nervenzerrenden Katz- und Maus-Spiels zwischen „Gut“ und „Böse“ vielleicht nicht einmal merken, dass es sich eigentlich um einen politischen Film handelt.
Die Erzählung fließt in sich allmählich steigernder „Reisegeschwindigkeit“ lückenlos dahin, führt stringent zur Klimax und kreiert dabei eine eigene Realität, die den Zuschauer fesselt. Beeindruckend ist dabei die Art und Weise, wie die Intensität der Actionszenen nicht nachlässt bis zum Schluß des Films.
Um auf Harrison Ford zurückzukommen: In einer perfekten Verbindung von Drama und Action ist er die Idealbesetzung der Rolle, gleich gut als Diplomat und Weltenlenker wie als Kämpfer und Schütze. Er verleiht dem Film eine Aura eleganter Action. Ein amerikanischer Kritiker meinte dazu:
„On a lighter note, there should be more films where we get to see the President of the United States shooting at people. That would be awesome. (…) Harrison Ford does an outstanding performance being a father, a husband, a world leader and a Medal of Honor winner from the Vietnam War. Still he is the kind of man you’d want in office but never get. On top of that he is strong and determined and a kick ass fighter. And because we can’t imagine Bush fighting with his bare hands with (…) terrorists, doesn’t mean that the President should be a chicken. So: Harrison Ford for President!“
Also, was machen wir nun: eine Empfehlung aussprechen, sich „Air Force One“ anzusehen oder nicht? Ein gekonnter, sich rasant entwickelnder, spannender Actionfilm ist es allemal. Er ist nicht innovativ oder bahnbrechend in irgendeiner Hinsicht, aber solide gemacht, brillant gefilmt und sehr gut besetzt. Nur: was machen wir mit der Propaganda, mit dem penetranten Patriotismus? Vielleicht einfach ausblenden und sich zwei Stunden lang gut unterhalten lassen? Ich denke, für dieses eine Mal sollte das klappen!