Prof. Pu empfiehlt: Das Zimmer von Helen Garner
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Ein wahrer Freundschaftsdienst: Helen bietet ihrer krebskranken Freundin an, für drei Wochen bei ihr zu wohnen. Nicola will sich einer alternativen Krebstherapie unterziehen, der letzte Strohhalm, an den sie sich klammert. Helen richtet ihr liebevoll das Zimmer her, freut sich auf ihre Freundin und bemüht sich Tag und Nacht um sie. Es dauert nicht lange bis sie die Scharlatane durchschaut, die der kranken Nicola und vielen anderen mit dubiosen Behandlungsmethoden das Geld aus der Tasche ziehen. Wenn es ihr wenigstens besser gehen würde, aber jeden Tag kommt sie geschwächter aus der Klinik. Jedoch immer mit einem angeknipsten Strahlen im Gesicht. Und das ist es, was Helen irgendwann so zornig macht, dass sie, allen Gewissensbissen zum Trotz, der kranken Freundin die Leviten liest.
Sie setzt sich einfach darüber hinweg, mit einer Todkranken nicht zu streiten. Sie zwingt sie zu einer Ärztin, die ihr wenigstens die starken Schmerzen lindert, wenn sie Nicola auch nicht mehr retten kann. Helen war sich nicht richtig bewusst, was sie sich auferlegt hat, sie hadert und kämpft, mit sich, mit ihrer Freundin, mit dem Krebs und diesem Gefühl von Ohnmacht. Das Buch geht so nahe dass man beim Lesen manchmal die Luft anhält.
Immer wieder wechselt man die Seiten. Mal versteht man die Wut Helens, dann wieder findet man sie ungerecht und apodiktisch. Erst schüttelt man den Kopf über Nicolas Wundergläubigkeit, möchte sie an den schmalen Schultern fassen und sagen, das kann doch nicht funktionieren. Kurze Zeit später kann man gar nicht anders als auf der Seite der Kranken zu stehen, die sich quält und glauben will, dass man ihr mit Vitamin C und anderen obskuren Methoden helfen könne.
Es ist nicht nur einfach ein Roman. Helen Garner ist es gelungen, entwaffnend ehrlich, humorvoll und in einer sehr klaren Sprache eine todtraurige wahrhaftige Geschichte zu erzählen. Eine unerträgliche und gleichzeitig leichte Geschichte, die nicht einmal gut ausgeht, einen aber doch versöhnt zurücklässt
„mit der gebrechlichen Einrichtung dieser Welt.“
Und auch dieser Roman zeigt, dass man nichts vertagen sollte, das Leben ist hier und jetzt und keine Generalprobe …
Helen Garner
Das Zimmer
Berlin Verlag € 18.-
978-8270-0833-6