Elefanten-Schau

Immer wieder plädiert der chinesische Pianist Lang Lang fúr eine sachliche Beurteilung seiner Heimat. Als Beispiel wählt er dabei das Bild von einem Blinden, der einen Elefanten beschreiben soll und nur seine Beine befühlt. Ein Beispiel, das zum Nachdenken Anlass gibt.

Dear Mister Lang-Lang,

Wie wir aus der Presse erfahren haben ist der Nebel über Peking von braun nach weiß umgeschlagen. Wir werten das als ein positives Zeichen. Nicht nur weil weiß irgendwie unschuldiger wirkt und uns an das erfolgreiche Konklave der Kurie erinnert. Nein, vielmehr sehen wir, soweit das bei den vorhandenen Sichtverhältnissen möglich ist, tatsächlich einen Wandel in Ihrem Land. Sozusagen eine erste positive Reaktion auf die Berichterstattung der westlichen Medien. Schade nur, dass diese positive Nachricht Ihre Landleute nicht erreichen wird. Internet und andere Medienportale sind ja leider trotz dieser klimatischen Verbesserung immer noch verschlossen. Was wir natürlich, als neugierige Westler schade finden. Gerne würden wir Ihrer Einladung nachkommen und den „Elefanten“ besser kennenlernen, zumal wenn er sich so öffentlichkeitswirksam in Szene setzt. Natürlich haben Sie recht, man sollte nicht vorschnell urteilen, sollte sich auf das Land und die Menschen einlassen. Was gibt es besseres als mit den Menschen zu sprechen. Sie wissen schon, von Mensch zu Mensch. Erfahrungen austauschen, die Lebensverhältnisse kennenlernen. Aber was sag ich da, Sie kennen daß ja alles. Als weitgereister Pianist hatten Sie sicher viele Möglichkeiten uns und unseren Alltag kennenzulernen. Nur umgekehrt scheint es nicht ganz so einfach zu sein. Den Tiananmen nur in Begleitung eines Polizisten zu betreten? Kontakte zu Ihren Landleuten nur in Gegenwart eines offiziellen Begleiters? Nun, ich kann mir spontaneres vorstellen und Sie sicher auch. Klar – jeder versucht sich so gut wie möglich zu präsentieren. Aber muß man denn unbedingt die verstecken, die das Olympiastation gebaut haben? Ganz zu schweigen von denen, die früher dort wohnten.

Sicher, China ist ein großes Land mit einer langen Geschichte, Ihre Landsleute leisten Erstaunliches und verdienen Respekt dafür. Trotzdem wirkt die gebetsmühlenartigen Forderung diese Aspekte in den Vordergrund zu stellen ein wenig schal, hat etwas von wegschauen. Und gerade hinschauen sollen wir doch, das ist doch der Zweck der Veranstaltung. Dass wir neben der Auslage, die Sie uns anbieten auch noch andere Dinge sehen, läßt sich ohne Scheuklappen kaum vermeiden. Ihr Wunsch man möge den ganzen Elefanten sehen und nicht nur seine Beine, setzt deshalb eine Neugier voraus, die uns von Ihrer Regierung immer noch allzu häufig verwehrt wird. Aber vielleicht lichtet sich der Nebel in den kommenden Wochen ja noch weiter, Ihnen als ZDF-Kulturbotschafter und uns zuhause vor dem Fernseher wäre es zu wünschen.

Regards

Christopher Henkel

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