Prof. Pu empfiehlt bei Lust auf ein wenig Läuterung: „No Shopping“
Judith Levine, New Yorker Journalistin, beschreibt in „No Shopping“ ihren Selbstversuch, ein Jahr lang jeglichem Konsum zu entsagen, nichts zu kaufen bis auf die lebensnotwendigen Dinge. Sie verzichtet sogar auf Kinobesuche und die Anschaffung der neuesten Bücher, was ihr als Journalistin, die immer auf dem neuesten Stand sein will, besonders schwer fällt. Plötzlich hat sie viel Zeit. Sie entdeckt die öffentlichen Bibliotheken und deren Sparzwänge. Sie empfindet durch den Konsumverzicht besonders auf kultureller Ebene eine gewisse Vereinsamung, stört sich daran, bei Gesprächen nicht mithalten zu können.
Sie verunsichert ihre Freundinnen, die sich bemüßigt fühlen, sie ins Restaurant oder Kino einzuladen, während sie erklären muß, dass sie sich nicht aus Spargründen oder Geiz enthält – obwohl sie am Ende ihres Versuchs 8000 $ gespart hat. Ihrer Theorie zufolge hat der Konsum in den USA das Politische verdrängt, „wer konsumiert hat keine Zeit für das Allgemeinwohl“ – so findet sie Zeit, gegen den Bau einer Mobilfunkanlage zu demonstrieren und sich bei den Demokraten zu engagieren.
Sie gesteht aber auch freimütig ihr Schwachwerden und Nicht-Widerstehen-Können beim Anblick einer recht teuren grünen Hose. Bisweilen etwas new-yorkish-neurotisch, dann wieder philosophisch, aber auch sehr amüsant bringt sie einen zum Überdenken unseres Konsumverhaltens. Wieviel Kaschmir, wieviel DVDs, wieviel Trüffelöl sind notwenig um zufrieden zu sein? Mein Portemonnaie zückte ich nach der Lektüre jedenfalls einige Zeit lang wesentlich bewusster.
Judith Levine
No Shopping – ein Selbstversuch
Kiepenheuer 2007
300 Seiten, 19,95 Euro
ISBN 978-3378010932