Lem durchschaut das Spiel
Lem! Ein kleiner Mann mit Schmollmund auf sehr großem rhetorischem Fuß. Seine Technik war stets ausgefeilt, akribisch, detailverliebt und manchmal völlig unnachvollziehbar. Er lieferte dankbare komplexe Schrittfolgen als Vorlagen für die akademischen Ergüsse so manchen Spielanalytikers, brillierte dann im unerwarteten Moment mit schlicht-treffenden und geerdeten komischen Köppern, die alle anderen schlicht alt aussehen ließ. Manchen erschien er zuweilen recht schwerfällig-roboterhaft, anderen zu abgehoben, vielen so oder so einfach zu selbstverliebt. Und obwohl Lem, intellektueller Stürmer wie wohl selten einer, bislang tatsächlich bis fast zur Unsportlichkeit voranpreschte und sich um nichts anderes mehr zu kümmern schien, war er doch auch immer derjenige, der das eigentliche Ziel nicht aus den Augen verlor: das Spiel im Ernsten und das Ernste im Spiel zu finden, das Eckige im Runden und das Runde im Eckigen. Meine (nicht überraschende) Empfehlung: Lems Meisterschöpfung eckiger Rundkunst, der Doppelpirx („Terminus“, „Die Jagd“). Und: nein, ich weiß auch nicht, wer in DIE Fußstapfen passen soll. (Auf der Trainerbank: Hendrik Schulthe)
Nobody Darko Soljar läuft sich warm
Ich empfehle, einfach im nächstgelegenen Sortiment mal in die einschlägigen Fanbücher der aktuellen Saison hineinzublättern, z.B. in ‚Kein Gott in Susedgrad. Junge Literatur aus Kroatien‘ oder in ‚Südliche Luft: 20 Liebeserklärungen an Kroatien“. Und äußerst spannend klingt ‚Mino, der Junge, der nie sprach‘ von Darko Spoljar. Der Autor lebt und schreibt zwar in einem Trainingscamp in Siegburg, hat aber dennoch angekündigt, demnächst eine speziell kroatische Literaturoffensive in Form einer Romantrilogie vorzulegen. Auf Kroatiens neuere Beiträge zum Buchsport darf man also getrost gespannt sein. (Auf der Trainerbank: Hendrik Schulthe)