„Akzeptiere das Mysterium“

Die Üblichen Verdächtigen waren im Kino Palatin und kommen aus „A Serious Man“ und sind hocherfreut über die Gebrüder Coen, die wieder einmal an der Schnittstelle zwischen Tragödie und Komödie brillieren. Im Podcast reden die Üblichen Verdächtigen über einen Mann, der sich nicht gegen subtile Grausamkeiten wehrt, über Rabbis, die nicht helfen, über Dramaturgie und Expositionen und beantworten die Frage, wer außer Tieren bei den Dreharbeiten nicht verletzt worden ist:

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(c) TOBIS Film 2010

Kurzkritik

Larry will nur tun, was richtig ist. Aber Larry ist ein ein überrumpelter Mann, sein Leben entgleitet ihm an verschiedenen Fronten, seine Frau will ihn verlassen, seine Kinder sind mit Drogen oder Haarewaschen beschäftigt, seine Verwandtschaft lässt sich auf Glücksspiele mit der Mafia ein, anonym wird er auf der Universität angeschwärzt. Und das sind alles nur Vorgeplänkel. Den Coens gelingt mit diesem period picture der 60er wieder ein wunderbarer Film, eine handwerklich hochklassige Gratwanderung mit perfektem Spannungsbogen, die zeigt, dass auch in einer jüdischen Gemeinde die Menschliche Komödie am besten mit schwarzem Humor erzählt wird. Allein die Anekdote im Prolog ist schon die Eintrittskarte wert.

(c) TOBIS Film 2010

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Christian mit einer ausführlichen und lesenswerten Würdigung:

„Vor allem aber spürt man in Bezug auf diesen neuesten Film der ohne Zweifel talentierten Regisseure und Drehbuchautoren, und das ist durchaus neu, dass sie mit „A Serious Man“ – Autobiographie hin oder her – einen sehr persönlichen Film abgeliefert haben, der den Blick auf einen kleinen kulturellen Mikrokosmos der USA in den Sechziger Jahren preisgibt.“

Harald stellt sich lauter Fragen – eine adäquate Herangehensweise an diesen Film – und findet:

„Als Jude hat man’s eigentlich gut: Man ist mit Sorgen und Problemen nicht auf sich allein gestellt, weil man in langer Tradition steht, weil es viele Geschichten gibt von anderen, die ähnliches durchlitten haben, deren Schicksale eine Art Ratgeber fürs eigene Leben sind. Das bekommt Larry mal gesagt, und er tut auch alles, um Hilfe zu finden. Aber leider, da trifft dann Hiob auf Kafka, kommt er nie an den großen weisen Rabbi Marshak ran.“

Thomas ist begeistert und erklärt:

„Bei all seiner Suche vergisst Larry Gopnik völlig, das er als Physik-Professor sehr wohl die Antworten auf alle seine Fragen kennt. Schliesslich erklärt er seinen Studenten mit dem Beispiel der toten Katze das «Uncertainty Principle», die Heisenbergsche Unschärferelation: «It proves we can’t ever really know what’s going on. So it shouldn’t bother you. Not being able to figure anything out.“

Steht Larrys Sohn Danny für Joel Coen? Das fragt sich Andreas:

„Mit 13 Jahren ist er im gleichen Alter, wie im Jahre 1967 Joel, der ältere der Gebrüder Coen. Seine Welt wird nebst der jüdischen Schule und dem Tora-Studium für die Bar Mitzvah vor allem durch Marijuana, die Western-Serie “F Troop” und die Band Jefferson Airplane geprägt.“

Die ungewöhnlichen Filmkritikkinobesuchgeschichten bei Sakkaden greifen die spannende Frage auf:

„Ich beachte ihn nicht: „Der letzte Rabbi hat Recht. Was bleibt uns denn? Wir können grad so gut Rock’n Roll hören. Wir erfinden tagtäglich Kausalketten so lange wie Gopniks mathematische Gleichungen an der riesigen Wandtafel, basteln verbissen an unseren Lebensläufen und kriegen im Vakuum des Warums trotzdem keinen Boden unter die Füsse. Der Kälte des Zufalls entkommen wir nicht.“ Tristan schaut mich an, als bereue er schon, dass er mich aufgefordert hat. Schnell will er das Thema wechseln: „Und was soll die amerikanische Flagge am Schluss?““

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