„Denn mein innerer 12-jähriger, der fand’s grandios“

Der folgende Beitrag des Comic-Experten und Filmverrückten Thomas Kögel erschien am 4. August in seinem Blog „Abspannsitzenbleiber“. Und da Thomas Laufersweiler diese Filmkritik aus dem Herzen spricht und unter einer CC-Lizenz veröffentlicht wurde, veröffentlichen wir ihn hier noch einmal für die Leser von SchönerDenken. Die Inhalte sind unter einer Creative Commons License veröffentlicht. Also Bühne frei für den Abspannsitzenbleiber:

Im Kino: Super 8

Regisseur J.J. Abrams hatte, wie das bei seinen Projekten so üblich ist, im Vorfeld wieder eifrig virales Marketing betrieben und einen mittleren Fanboy-Hype um Super 8 entfacht, ohne dass das Publikum so recht wusste, worum es in dem Film gehen soll. Ich habe mir diese ganzen Teaser gespart und bin praktisch ohne Vorwissen in die Pressevorführung gegangen. Meine einzige Vorab-Information war, dass Super 8 wohl eine Hommage an die großen Hits von Steven Spielberg (der hier als Produzent mitwirkt) aus den 80er Jahren sei.

Und ja, Baby, das ist es auch. Super 8 fühlt sich original an wie eine Mischung aus E.T. und den Goonies: Wir sehen einer Schar von Kindern (Oder sind’s schon Jugendlliche? Naja, so an der Schwelle) zu, wie sie zu Zeugen eines verheerenden Zugunglücks werden. Der Zug transportierte ein streng geheimes Gut, das keinesfalls freigesetzt werden durfte. Wurde es jetzt aber doch, großes Chaos bricht aus, und die Kids sind mit ihrem kindlichen Blick den rationalen Erwachsenen überlegen, in deren Welt niemals sein kann, was nicht darf.

Was Super 8 stellenweise sehr schön hinbekommt (aber nicht über die volle Laufzeit) ist der sprichwörtliche sense of wonder. Jenes Staunen mit offenem Mund, jenes “Whoa!”, das einem jungen Menschen entfährt, wenn er etwas unglaubliches erlebt. Momente, wie sie Spielberg in Filmen wie Close Encounters of the Third Kind, E.T. oder Jurassic Park immer wieder auf die Leinwand zauberte. In diesen Momenten funktioniert der Film wunderbar und man fühlt sich tatsächlich in die Zeit zurückversetzt, in der der Film spielt (ein 1979, das aber schon sehr Eighties-mäßig aussieht).

Abrams würzt Super 8 durch das Retro-Setting auch mit einer Menge Nostalgie und spricht damit besonders erwachsene Zuschauer an. Diese dürfen sich auch an einer Film-im-Film-Metaebene erfreuen, denn die kleinen Racker sind gerade dabei, einen Film zu drehen, natürlich – tataa – auf Super 8. Ein schönes Handlungselement, das stark an Son of Rambow erinnert, jedoch dessen Charme leider nie ganz erreicht.

Der Teil des Publikums, der gar nicht mehr weiß, was Super 8 eigentlich war, wird mit diesen nostalgischen Elementen wenig anfangen können, aber sie – die Teens und Pre-Teens von heute – sind die eigentliche Zielgruppe. Am meisten Spaß hat man mit Super 8, wenn man den Logiksensor ausschaltet und versucht, sich von den Whoa!-Momenten mitreißen zu lassen. Und das gelingt vermutlich dann am besten, wenn man die offensichtlichen Vorbilder des Films noch nicht x-mal gesehen hat.

Super 8 ist ein klasse Film für 12-jährige und alle, die 130 Minuten lang 12 sein können. Er hat sehr satte, toll getrickste Actionszenen, die ohne überhektisches Schnittgewitter auskommen, sympathische junge Helden und, wie gesagt, ein paar gelungene sense of wonder-Momente. Er hat aber auch einiges nicht: zum Beispiel eine durchhängerfreie Dramaturgie, eine erwachsene Figur, an die man sich über den Kinobesuch hinaus erinnern könnte und einen Plot, der in Sachen innerer Logik einer genaueren Betrachtung standhalten könnte.

Aber sei’s drum: Wir haben hier einen gut konsumierbaren Blockbusterfilm, der weder Sequel noch Prequel noch Comicverfilmung ist, kein 3D benötigt und komplett auf bekannte Hollywoodstars verzichtet. Das ist im Jahr 2011 schon eine ganze Menge, weshalb ich dem Film auch Erfolg sehr gönnen würde. Dass er mich nicht hundertprozentig überzeugt hat, kann ich ihm verzeihen. Denn mein innerer 12-jähriger, der fand’s grandios.

Thomas Kögel / Abspannsitzenbleiber

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