… dass jemand auf mich wartet

Prof. Pu empfiehlt: „Ich wünsche mir, dass irgendwo jemand auf mich wartet“
Erzählungen von Anna Gavalda

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Es geht, wie so oft, um Liebe. Um den Traum von Liebe, ihre Abwesenheit, um mütterliche Liebe und vergangene Liebe, Vermissen und Begehren. Anna Gavalda beschreibt die verschiedenen Facetten der Liebe scharfsinnig, sezierend, humorvoll, manchmal gnadenlos und oft sehr ironisch. Sie erzählt von einer koketten jungen Frau, die einen Mann auf der Straße mit einem einzigen Blick einfängt und dann sein Handy das Rendez-Vous ruiniert. Von einem in die Jahre gekommenen Herrn, der nicht mehr fremdgehen will weil die Unterhaltszahlungen zu teuer geworden sind. Von einem Buchhalter, der, als er endlich mit der Frau seiner Träume auf dem Ikea-Sofa sitzt, nur noch daran denken kann, wie man „Klick-Klack“ wohl umklappt. Von einem ehemaligen Liebespaar, das sich noch einmal trifft, als alles zu spät ist. Sie schreibt am Anfang der ersten Geschichte:

„(…) wie banal (…) Doch behalten Sie Ihre Bemerkungen für sich, und hören Sie mir lieber zu, mein Gefühl sagt mir nämlich, dass die Geschichte Sie zum Schmunzeln bringen wird.“

Und genau das tut es, sie bringen einen zum Schmunzeln – nicht nur, manche Geschichten machen auch traurig, mit ihrem manchmal etwas unerwarteten Ende. Besonders gefallen haben mir die inneren Monologe der Protagonisten, sie  sind wie Zwiegespräche mit dem Leser. Sie lösen das Gefühl aus: „Den kenne ich, das hat mir auch schon mal jemand erzählt …“ „Je voudrais que quelqu’un m’attende quelque part“ ist Anna Gavaldas Erstlingswerk, 1999 bei einem kleinen Verlag in Paris erschienen. Sie eroberte damit die französischen Bestsellerlisten, wurde als ein „weiblicher Sempé“ gefeiert, die Libération schrieb: „Keiner kann sich so in andere hineinversetzen wie sie.“

Sie selbst sagt von sich, sie beobachte die Leute, betrachte die Farben ihrer Schuhe, ihre Hände, überlege, wann sie morgens aufstünden und was sie zum Dessert nähmen – und dann beginne sie zu erzählen. Genau so liest es sich, wie das, was man jeden Tag erlebt und erzählt bekommt – sprachlich schön verpackt  – wie das Mädchen, daß sich in der Geschichte „Auf Heimaturlaub“ für einen Jungen in Geschenkpapier wickelt. Auch sehr gut gefiel mir der Epilog, die sicher autobiographisch gefärbte Erzählung darüber, wie es war, als sie zum ersten Mal ihr Manuskript an einen Verlag schickte. Ich weiß schon, warum man sich das lieber erspart …

Anna Gavalda
Ich wünsche mir, dass irgendwo jemand auf mich wartet
Fischer Taschenbuch 51069
6.- Euro

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Anna Gavalda erzählt im Interview im Deutschlandfunk über ihr Buch.

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