COSMOPOLIS: „Was bedeutet es Dir, Geld auszugeben – einen Dollar – eine Million?“

DeLillo hat ihn schon vor der Finanzkrise beschrieben: den Spekulant, dessen Geschäfte und riesigen Gewinne nichts mehr mit der realen Wirtschaft zu tun haben und der die Grenzen der Moral weit hinter sich gelassen hat. Während seines Absturzes sehen wir ihm zu und staunen über dieses enorme Loch in seiner Existenz, das er ständig füllen will, mit etwas, das er noch nicht kennt, das er noch nicht erlebt hat oder mit einem Schmerz, den er noch nicht gefühlt hat. Am Ende bleibt ihm nur die Selbstzerstörung und wir wissen, dass unser eigener Wohlstand potentieller Kollateralschaden bei dieser Zerstörung ist.

Cronenberg präsentiert uns das als harte, dialoglastige Kost – zumindest in der deutschen Fassung mit einem steifen Bühnentonfall, der noch mehr Distanz schafft. Durchaus lohnenswert, aber nicht wirklich unterhaltend. Im Podcast unterhält sich Thomas mit seiner Gästin Michaela vom Filmpodcast CineCouch über theoretische Konstrukte, über Ikarus und den Absturz, über elisabethanisches Theater und Cosmopolis als Königsdrama:

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Text und Podcast stehen unter einer Creative Commons-Lizenz. Quelle: SchönerDenken

Cosmopolis läuft in Mainz im Capitol.

Cosmopolis
USA 2012, 109 Min., Regie: David Cronenberg

Andere Meinung

Thomas Lenz (screen/read) erklärt in seiner ebenso klugen wie lesenswerten Analyse des Films:

„Im Grunde ist Packers Limousine das zentrale Bild für diesen Status. Schalldicht, nach außen abgeschottet, keimfrei. Ab und zu wird anderen Einlass gewährt, doch das geschieht gänzlich zielgerichtet. Von außen lässt sich die Panzerung mit Graffiti besprühen oder ein bisschen an der sicheren Horizontallage rütteln, doch was sich drinnen abspielt, bleibt davon auffällig unberührt. Alles tiefere Eindringen ist rein körperlich, nimmt dann allerdings auch gleich alle denkbaren Öffnungen in Beschlag, mal aus sexuellen Motiven, mal aus hypochondrischen, in jedem Fall aber mit neurotischem Beigeschmack. (…) Und nicht zuletzt erweist sich das von allen äußeren Angriffen unbeeindruckte Gefährt als Kokon, aus dem sein Besitzer im letzten Drittel als todgeweihter Falter entsteigen wird.“

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