PJ liest (aus gegebenem Anlaß) „Alexander von Schönburg – Die Kunst des stilvollen Verarmens“.
Vor vier Jahren erschienen, birgt das Buch angesichts der aktuellen Finanzkrise eine unerwartete Aktualität. Wie kann ich mit weniger Geld nicht nur überleben, sondern das ganze auch noch mit Stil so gestalten, dass ich sogar mehr davon habe?
Denn die Ausgangslage, die von Schönburg skizziert, dürfte heutzutage auf immer mehr Menschen zutreffen: Plötzlich, aber eigentlich nicht überraschend, liegt die Kündigung auf dem Tisch und nun beginnt die Notwendigkeit des Sparens.
Sogleich richtet uns der Autor auf, indem er leuchtende Beispiele dafür schildert, „wie man ohne Geld eine gute Figur machen kann“. Das sind nette Fälle, aber ob man wirklich werden möchte wie der beschriebene englische – selbstverständlich völlig verarmte – Landadlige, der bei Bedarf in die Rolle seines Dieners schlüpft und so alle anfallenden Arbeiten selbst erledigt; sei es Schuhe putzen, einkaufen oder die Wohnung aufräumen. Das gelingt wohl auch nur in Great Britain, wo die Inselbewohner auch bei völlig Verarmten immer noch anerkennen, dass sie Mitglieder der Gentry sind. Auch wenn immer wieder mal die Wohnung eiskalt ist, weil das Gas abgestellt wurde oder der Betreffende nicht telefonisch zu erreichen ist, weil er wieder mal die Rechnung schuldig blieb.
Sympathisch finde ich den Slogan von Schönburgs „work less, live more“. Mehr Lebensqualität also! Das fällt jedoch besonders leicht, wenn man sowieso arbeitslos ist. Auch die sozialen Möglichkeiten, die sich einem ohne Auto, ohne TV und ohne Handy erschließen, sollte man nicht verachten. Und Kleider machen eben keine Leute – das kann man wohl unterschreiben. Also, um mit dem Autor zu sprechen:
„Trage deine Kleidung und lass nicht zu, dass deine Kleidung dich trägt. Nur wer seine Kleidung im gesunden Maß gering schätzt, kann elegant aussehen.“
Über alle diese Thesen kann man trefflich streiten, vor allem, wenn man weiß, dass Alexander von Schönburg der Bruder von Gloria von Thurn und Taxis ist. Sicher, die Familie der von Schönburgs blickt auf einige hundert Jahre zurück, in denen sie langsam aber sicher verarmten. Die Familie durchlebte eine lange Tradition des sozialen Abstiegs, an dessen Ende lediglich das „von“ blieb. Sicher – Verwandte mit „von“ und mit noch vorhandenem Vermögen haben sie weiterhin europaweit. Aber, so lernt man bei der Lektüre, endlose lange kann man sich bei denen auch nicht einnisten. Die Hilfsbereitschaft unter Fürstens und Baronens ist begrenzt.
Das Buch liest sich locker und macht an etlichen Stellen doch nachdenklich. Was ist wirklich wichtig im Leben? Teure Kleidung? First Class fliegen? Luxuswohnung? Oder vielleicht doch Ressourcen, die sich nicht erschöpfen wie Höflichkeit, Liebenswürdigkeit, Hilfsbereitschaft – gemeinhin auch Tugenden genannt? Mit Alexander von Schönburg glaube ich, dass sich das Potential von Tugenden nicht erschöpft, ein unschätzbarer Vorteil in Zeiten des Mangels.
Allerdings bin ich auch ein ganz klein wenig skeptisch, was unsere Bereitschaft betrifft, freiwillig auf liebgewordenen Luxus zu verzichten. Trösten könnte Peter Ustinov, der behauptete:
„An Geld denke ich erst, wenn ich keins mehr habe. Zu vergessen, dass es existiert, ist mein größter Luxus.“
Alexander von Schönburg
Die Kunst des stilvollen Verarmens. Wie man ohne Geld reich wird.
Rowohlt, 240 Seiten für erschwingliche 5 Euro
ISBN: 3499625504