Das andere Boleyn-Mädchen

Thomas über „Die Schwester der Königin“
Zwei Frauen, ein König und am Ende hat England seine eigene Kirche. Eine starke Geschichte, weil sie zwei Dinge untrennbar verwebt, die Männer am meisten interessieren: Frauen und Macht. In der Verfilmung „The Other Boleyn Girl“ stehen die beiden Frauen im Mittelpunkt. Anne und Mary sind Schwestern und der Vater und die Verwandtschaft überlegen, wie sie die beiden Mädchen vorteilhaft verheiraten können und Reichtum, Macht und Ansehen der Familie mehren zu können.

Für die brave Mary ist bald ein freundlicher junger Mann gefunden. Die leidenschaftliche und ehrgeizige Anne aber ist ein schwieriger Fall – bis der König auf einen Jagdbesuch vorbeischaut. Sollte die hübsche Anne ihn verführen können und seine Mätresse werden, würde die Familie Teil des Hofstaats werden. Aber es kommt anders und der König verliebt sich in die ruhige Mary – sie wird seine Geliebte.

Aber die Geschichte hatte ihre Rechnung ohne den Ehrgeiz und die Eifersucht der anderen Boleyntochter gemacht: Sie kommt nach einer Zeit in Versailles zurück und erobert den englischen Hof mit ihrem Charme und ihren Intrigen und bald hat sie auch den König in die Falle gelockt – er verlässt erst seine Mätresse, dann seine Gattin und schließlich die katholische Kirche, um sich scheiden zu lassen und Anne heiraten zu können. Aber irgendwann ist es eine Intrige zu viel und die Frau, die es mit der Kraft ihres Willens zur Königin Englands gebracht hat, steht vor dem Scharfrichter.

Für diese Geschichte wäre ich allerdings nicht ins Kino gegangen. Gelockt hatte mich natürlich die Besetzung: Natalie Portman als wunderschöne und diabolische Anne, Scarlett Johannson als brave und großherzige Mary. Ob es hinter den Kulissen ähnliche Rivalitäten zwischen den Frauen gegeben hat? Die beiden Schauspielerinnen sagen Nein. Vor der Kamera jedenfalls gibt es ein Darsteller-Duell, dass aus einem ordentlichen Kostümfilm einen beeindruckenden Kinogenuss macht. Da sich Regisseur Justin Chadwick wohl nicht so recht über seine Bildsprache klar wahr, tat er das einzig Richtige: Er ging mit der Kamera nah an die Gesichter ran und überließ den Rest seinen Hauptdarstellerinnen.

Also können wir in Blicken und kleinen Gesten, großen Gefühlen und feinen Dialogen schwelgen. Portman und Johansson gehören auf jeden Fall zu den größten Hollywoodstars ihrer Generation. Und wenn ich einen Wunsch frei gehabt hätte für den Film, dann den: keine Ablenkung, keine pompösen Kostüme, keine historischen Kulissen, keine goldroten Farben, nur zwei Frauen und ein paar Nebendarsteller und eine Bühne.

Der Film beginnt mit zwei spielenden Mädchen, die später als Schwestern Heinrichs Enland verändern werden. Und der Film endet wieder mit einem spielenden Mädchen, eine Boleyn-Tochter, die als Elisabeth die Große England noch mehr verändern wird. Aber das ist eine andere Geschichte. Und ein anderer Film.

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