Christopher besucht das Radioteleskop Effelsberg
50° 31′ 29“ nördlicher Länge, 6° 53′ 2“ östliche Breite. Die Eifel-Gemeinde Effelsberg liegt abseits der historischen Magistralen. Bonn und Koblenz befinden sich jenseits des Waldes. Trotz seiner über tausendjährigen Geschichte blieb Effelsberg von den Wirren der Jahrhunderte weitgehend verschont. Ein Paradies für Wanderer und Radfahrer. Die Anstiege und Abfahrten der Hügellandschaft bieten eine maßvolle Herausforderung. Ansonsten: Geldautomaten, Hotels oder Apotheken? Fehlanzeige!
Wer hierher kommt, hat seine Gründe, sucht etwas. Jenseits von Feld, Wald und Wiese hat die verträumte Gemeinde im Ahrgebirge Aussergewöhliches zu bieten. Effelsberg ist ein, ist der europäische Horchposten ins All. Forscher aus aller Herren Länder stehen Schlange, um hier auf Empfang gehen zu dürfen. Ein kleine Gemeinde von ihnen spürt hier den Rätseln des Universums nach. Doch im Unterschied zu ihren berühmten Vorgängern sitzen diese Astronomen nicht mehr mit klammen Händen hinter ihren Teleskopen, sondern nutzen die Hilfe modernster Technik. An die Stelle von Linse und Okular sind in Effelsberg Computer und Parabolspiegel getreten.
Nicht dass Fernrohre veraltet wären, aber seit der Entdeckung der extraterrestrischen Radiostrahlung durch Karl Guthe Jansky im Jahre 1931 hat sich der Arbeitsbereich der Astronomen erheblich erweitert. Neben die optische Astronomie ist die Radioastronomie getreten. Doch seit dem Empfang der ersten Radiosignale aus dem Zentrum der Milchstraße hat sich viel getan. 1964 entdeckten Arnold Allan Penzias und Robert Woodrow Wilson die kosmische Hintergrundstrahlung. Bereits drei Jahre später spürte Jocelyn Bell den ersten Pulsar auf.
Erfolge dieser Art hinterließen auch in Deutschland ihre Spuren. Angesichts der Erfolge entschloss sich die Max-Planck-Gesellschaft 1966 zusammen mit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität in Bonn das Max-Planck-Institut für Radioastronomie aus der Taufe zu heben. Das dazu gehörende Radioteleskop wurde, unterstützt durch die Volkswagen-Stiftung, in den darauf folgenden Jahren in Effelsberg errichtet und nahm am 1. August 1972 den Messbetrieb auf.
Schon damals eine der modernsten Forschungsstätten, hat das Radioteleskop bis heute nichts von seiner internationalen Bedeutung eingebüßt. Mit seinem Durchmesser von 100 Metern zählt der Parabolspiegel auch heute noch zu den größten frei beweglichen Messstationen. Eine ausgeklügelte Antriebstechnik sorgt dafür, dass die Anlage mit ihrem Gesamtgewicht von 3.200 Tonnen in kürzester Zeit beinahe millimetergenau justiert werden kann. Neben der Beweglichkeit hatte in Effelsbergs von Beginn an die Qualität der Messdaten Priorität.
Angefangen mit der Standortwahl bis zur Abschirmung der computergesteuerten Steueranlage, versuchen Forscher und Techniker daher das Teleskop vor jedweder irdischer Radiostrahlung zu isolieren. Über die Qualitätssicherung hinaus wurden das Radioteleskop in den vergangenen Jahren immer wieder erweitert und damit den Bedürfnissen der Forscher angepasst. So wurde zum Beispiel, um den Messbereich zu erweitern, die Anlage 2007 zusätzlich ein so genanntes LOFAR (Low Frequency Array) ergänzt. Eine Antennenanlage mit deren Hilfe Signale aus der Frühzeit des Universums gemessen werden können.
Bemühungen dieser Art haben Effelsberg auch international zu einem begehrten Forschungsstandort gemacht. Gesteigert wird diese Bedeutung noch durch den weltweiten Informationsaustausch des Instituts. Forscher erhalten hier nicht nur die Möglichkeit ihre gemessenen Daten zeitnah zu diskutieren, sie können auch mit Hilfe der VLBI-Technologie (Very Long Baseline Interferometry) Effelsberg mit weiter entfernten Radioteleskope zusammenschalten und damit die Genauigkeit ihrer Messungen erhöhen. Was angesichts von Millionen, ja teilweise sogar Milliarden Lichtjahren entfernten Objekten und dementsprechend schwachen Signalen für die Wissenschaftler ein echter Fortschritt ist.
Die Forschungsgegenstände der Effelsberger Astronomen sind vielfältig und reichen von der Kartierung von Radioquellen über die chemische Analyse von Sternen und Galaxien bis zur Erforschung der kosmischen Hintergrundstrahlung. Neben diesen Untersuchungen nimmt vor allem die Pulsar-Forschung breiten Raum ein, da das Radioteleskop durch seine hohe Empfindlichkeit die Signale dieser „Sternleichen“ besonders gut empfangen kann.