Patrick Stewart feiert heute seinen 70. Geburtstag, Jean Luc Picard wird ihn feiern – heute in 295 Jahren. Aus diesem Anlass erinnert sich Thomas daran, wie er Trekkie wurde – und warum dafür ein Mitglied der Royal Shakespeare Company nötig war.
Mein Studium hatte gerade angefangen, der Nachmittag war frei, ich hing vor der Glotze und wurde vom Satz „Unendliche Weiten …“ aus meiner Lethargie gerissen: Star Trek? Neue Generation? Mit der Originalserie hatte ich bis dahin nicht viel am Hut. Also mal schauen, was hier geboten werden würde. Wortwörtlich aus dem Schatten trat ein glatzköpfiger Franzose (gespielt von einem Engländer) ins Rampenlicht der Brücke und hatte sofort meine volle Aufmerksamkeit. Und das blieb so bis zur Einstellung der Serie im Jahr 1994 – das war volle 178 Folgen später.
Abgesehen von der Fähigkeit des Shakespeare-gestählten Mimen Patrick Stewart eine positive, natürliche Autorität auszustrahlen, war es vor allem das Führungskonzept, das „System Picard“, das mich beeindruckte. Er betrachtete sein Team nicht als Befehlsempfänger, er respektierte sie und forderte immer wieder ihre Mitarbeit ein mit der Frage „Irgendwelche Vorschläge?“. Und wenn er dem Vorschlag zustimmte, folgte sein berühmt gewordenes „Make it so“.
Auf der anderen Seite war trotz des offenen und konstruktiven Miteinanders und seiner fürsorglichen Art klar: Picard übernahm Verantwortung, er hörte zu, diskutierte und am Ende traf ER die Entscheidung. Eigentlich genau so, wie man sich seinen Chef wünscht, oder? Dieses Vorgehen fand sogar Eingang in Management-Trainings. Und Patrick Stewart füllte diese Idee mit Leben, auf eine unnachahmliche Weise. Er stellte die positive Utopie der Föderation als ideale Person dar: Mut, Toleranz, Loyalität, Verständnis, Stärke, Gemeinsinn …
Im Vergleich zu Picard kam Kirk mir da vor wie ein John Wayne im Weltall. Und wer nicht die Möglichkeit hatte, sich als 9-jähriges Mädchen unsterblich in William Shatner zu verlieben, konnte den Pferdezüchter mit angeborenem Over Acting nicht wirklich ernst nehmen. Zumindest taugte er für mich – im Gegensatz zu Picard – nicht als Vorbild. (Sorry Martina). Letzlich war die Figur Picard, die mich zum Fan der Serie und zum Trekkie machte – trotz der vielen Schwächen (zum Beispiel die überflüssige Empathin Deanna-„Ich fühle Schmerz“-Troy oder Commander Riker, der stets auf der Suche nach einem Stuhl war, um sein rechtes Bein darauf zu stellen oder den klugscheißerischen Sohn der Bordärztin oder das allwissende und allmächtige Wesen Q, das sich trotzdem wie ein 13-jähriger Vollidiot aufführte …). Picard bescherte uns schließlich auch endlich den ersten ernstzunehmenden Star Trek-Kinofilm: „First Contact“. Aber seien wir ehrlich: Picards Bildschirm- und Leinwandzeit ist vorbei. In Hollywood kann man das Rad der Zeit zurückdrehen und deswegen gilt: Die Zukunft, wie wir sie kannten, ist Vergangenheit. Und das würde Picard am allerwenigsten überraschen. Er sagte:
„Ich betrachte die Zukunft nicht als etwas, das in Stein gemeißelt ist.“
Ein Bild aus meiner Star Trek-Sammlung: Mein Lieblingskapitän als Action-Figur und Glückwunschkarte.
Dieser Beitrag erschien zuerst am 5. Mai 2009. Die Fotografie stammt von Terry Harris, das Bild ist unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported lizenziert.