Die Algebra des Todes

Endlich ist Prof. Pu wieder da – und sie empfiehlt: Verdächtige Geliebte von Keigo Higashino

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Wie oft habe ich schon gehört, „Dir kann man keine Bücher schenken, Du kennst ja immer schon alles“. Doch alles kann man gar nicht kennen. Die Bücher, die dann doch jemand wagte, mir zu schenken, waren häufig wahre Entdeckungen. Wie die „Verdächtige Geliebte“, ein ganz außergewöhnlicher japanischer Kriminalroman, übertragen von Haruki Murakamis Übersetzerin Ursula Gräfe.

Keigo Higashino Verdächtige GeliebteYasuko tötet mit Hilfe ihrer Tochter Misato in Notwehr ihren Ex-Mann, der sie jahrelang verfolgt, bedroht und um Geld erpresst hat. Ishigami, ihr Nachbar, ein sehr zurückgezogen lebender Mathematik-Lehrer, hat durch die dünnen Wände der Wohnung alles mit angehört. Er klopft er an ihre Tür, sie entschuldigt sich für den Lärm, sie habe nur eine Kakerlake getötet. Ishigami geht zurück in seine Wohnung und ruft Yasuko an.

„Ähem, ja, also, ich frage mich, was Sie tun werden?“
Wovon redete der Mann? „Verzeihung, aber wie meinen Sie das?“
„Ich meinte nur, …“ Ishigami stockte, ehe er fortfuhr. „Ob Sie die Polizei benachrichtigen wollen? Wenn ja, ist alles klar, aber wenn nicht, könnte ich Ihnen vielleicht helfen.“

Yasuko sträubt sich gegen seinen Vorschlag, zu ihr in die Wohnung zu kommen, gleichzeitig ist ihr jedoch klar, dass er auch gehört haben muss, wie sehr ihre halbwüchsige Tochter an diesem Mord beteiligt war. Um Misato zu schützen, willigt sie ein. Mit der „Betreuung“ des Nachbarn beginnt eine der spannendsten und vor allem klügsten Kriminalgeschichten, die ich je gelesen habe. Ishigamis enorme Intelligenz, sein mathematischer Verstand und die tiefe  heimliche Liebe zu seiner Nachbarin lassen ihn den perfekten Plan ersinnen, um die Polizei gehörig in die Irre zu führen.

In die Quere kommt Ishigami  ein Professor für Mathematik, Yukawa. Er ist mit dem ermittelnden Kommissar befreundet und beteiligt sich mit großer Neugier an dessen Mordfällen. Eine harmlose Bemerkung des Kommissars führt die beiden ehemaligen Studienkollegen nach langer Zeit wieder zusammen. Es beginnt ein enorm spannendes Duell dieser zwei Superhirne. Gleichzeitig schafft es der Autor, eine Stalking-Furcht vor Ishigami aufzubauen, als Yasuko vorsichtig eine Beziehung zu einem Mann wagt, den sie noch aus ihrer Nachtclub-Zeit kennt. Man fürchtet um sie, doch gleichzeitig auch um Ishigami, der für sie so viel riskiert hat. Der Kommissar hätte den Fall nicht entschlüsselt, doch der Professor findet die Lösung.

„Ishigami hat dir doch erzählt, wie er seine Klassenarbeiten konzipiert. Er stellt scheinbare Geometrie-Aufgaben, die aber in Wirklichkeit algebraisch zu lösen sind. Und wie die Erwartungshaltung der Schüler sie blind für andere Lösungen macht.“

An alle, die wie ich recht schlecht in Mathematik waren: Keine Angst vor diesem Krimi. Hier rückt sie ein höchst spannendes und angenehmes Stück näher …

Text und Podcast stehen unter einer Creative Commons-Lizenz.
Quelle: Petra Unger/SchönerDenken

Keigo Higashino
Verdächtige Geliebte
Übers. von Ursula Gräfe
Klett-Cotta € 19,95
978-3-608-93966-8

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