„Allet jut!?“: Die Liebe in Berlin


Wenn Paris die elegante Madame ist unter den europäischen Metropolen, dann ist Berlin so etwas wie ein Dienstmädchen oder eine Art aufgewecktes Gör. Immer noch zillemäßig bodenständig. Dabei weder ohne Selbstbewusstsein noch ohne Charme. Arm aber sexy eben, um Herrn Wowereits berühmtes Zitat mal wieder zu bemühen. Womit ich mich dem Thema aller Themen nähere. Der Liebe oder besser dem Verliebtsein. Ist ja angeblich nirgends so schön wie in Paris. Mais pardon, l‘amour made in Berlin hat ihren ganz eigenen Charme. An jeder Ecke Straßencafes und grüne Plätzchen mit Bänken, die geradezu einladen zu einem Händchenhalten-Päuschen. In Berlin – wen stört’s? – da küssen sich auch Paare 50plus in aller Öffentlichkeit herzinniglich. Streetlife-love.

Und im Gegenzug praktiziert die U30-Generation ihre Gefühle im charmanten Retro-Look. Da sitzen doch tatsächlich junge Frauen mit bunt wehenden Röckchen und munter flatternden Schals juchzend vorne quer auf der Längsstange eines Herrenrades – als wär‘s ein Film von Vittorio de Sica. Italien vor 60 Jahren … Während ihr Kavalier, rot im Gesicht vor Anstrengung und Glück, vorsichtig, aber gaaaanz vorsichtig breitbeinig in die Pedale tritt, um seine kostbare Fracht sicher ans Ziel zu bringen.

Das geht natürlich auch mit der guten alten BVG, den Berliner Verkehrsbetrieben, die die große Stadt mit Bus und U-Bahnen mobil halten. In letzteren wird gerne mal musiziert. Buchstäblich fahrende Musikanten sind das, die an einer Station ein – und an der nächsten wieder aussteigen. Zwei, drei Minuten dauert so eine Strecke. Die reichen für ein Liedchen und das Einsammeln wohlfeiler Spenden. So gibt‘s zu später Stunde südamerikanische Rhythmen vom Akkordeon. Dieses Mal richtig gut geschrammelt.

Alle freuen sich, einer handelt: Drückt seine Bierflasche spontan dem Nächststehenden in die Hand, schnappt sich sein Mädel – und tanzt einen heißen Tango mit ihr durch den ganzen U-Bahnwaggon. Einmal hin, einmal her … So schön kann sie sein, die Liebe in Berlin – nachts um halb zwei in der U2 nach Pankow. Der so zur gefühligen Variante wird auf Udos besungenen Sonderzug … hinterm Horizont geht’s weiter …

liebesampel

Ach ja. Die Lie-hie-be! Da macht selbst die hauptstädtische Ampel mit. Ja, kann das denn sein? Hirn vernebelt? Sinne verwirrt? Augenreiben! Doch, es ist immer noch da! Das Herz! Rot leuchtet es an der Fahrradampel. Stop in the name of love! Und was macht es da schon, dass nicht irgendwelche verliebten arm-aber-sexy-Verwaltungsbeamten auf diese hübsche Idee kamen, sondern ein neuer Club, der auf sich aufmerksame machte, indem er Herzchen-Schablonen über die Verkehrslichter der Großstadt klebte. Ein Jahr oder länger ist das schon her, erzählt mir eine Freundin. Und – wen kümmert’s? – an einigen Ampeln sind immer noch diese Herzchen zu sehen. Gibt es einen besseren Grund anzuhalten, innezuhalten und einmal tief und sehnsüchtig zu seufzen? Herzflimmern zur rush hour mitten in Berlin 🙂

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