„Keär man, wär dat getzt lecka!“ Ein Besuch im Berliner Currywurstmuseum

Gleich vorneweg, ich komme aus dem Pott und damit aus der nicht immer unbestrittenen Heimat der Currywurst. Dass das erste und bisher einzige Currywurstmuseum Deutschlands Mitte letzten Jahres in Berlin eröffnet hat, traf mich im ersten Moment wie ein Faustschlag in den Magen. Seit ich aber da war, muss ich gestehen, viel besser hätten wir es auch nicht gekonnt.

Denn was sich da auf überschaubaren 1.000 Quadratmetern in der Nähe des Brandenburger Tores präsentiert, ist für den ambitionierten Currywurst-Laien der unabdingbar zu beschreitende Lehrpfad in Sachen Historie und kultureller Bedeutung des scharfen Würstchens. Und für den Liebhaber liefert der Besuch dieses Ortes die ultimative Rechtfertigung seiner emotionalen Verbundenheit zu jener kulinarisch so häufig verpönten Götterspeise. Ganz nebenbei hat das Berliner Currywurstmuseum auch noch eine eklatante Lücke in der deutschen Museumslandschaft geschlossen.

(c) Nicole Asmuth

Ganz  im Sinne moderner Museumspädagogik darf hier fast alles in die Hand genommen werden.  Wer etwa am Eingang zur Ausstellung die Ketchup-Flaschen vom Stehtischchen nimmt, dem dringen daraus die vertrauten Klänge von Grönemeyers Kö-kö-körriwuuuurst in die Ohren. Ein dezenter Hinweis der Museumsmacher auf das Ruhrgebiet, als die Provenienz des besungenen Objektes? Frohgelaunt geht man weiter um die Ecke.

Hier kann man in der Gewürzkammer an mattsilbern schimmernden Riechkolben den Schnüffeltest machen. Muskat? Nelken? Oder doch Curry? Der so genannte Soßenstrom am Boden führt weiter durch die Ausstellung, vorbei an Weltkarten, auf denen die Orte markiert sind, an denen dem Genuss der gepuderten Wurst gefrönt wird, entlang an Vitrinen, die sich dem Pappteller widmen, auf dem sie gewöhnlich kredenzt wird und schließlich hin zur Wurst im Film. Wieder eine unverkennbare Reminiszenz an den Pott: Schimanski anne Bude.

Die Riechkolben (c) Nicole Asmuth

Trefflich pausieren lässt es sich zwischendurch in der wurstigen Sitzecke, in der ein Monitor über die Wurstherstellung informiert, nichts für Vegetarier. Nebenan kann sich der Nachwuchs an einem interaktiven Wurststand im Zubereiten verschiedener Currywurst-Variationen üben und versuchen, die Liste der Topscorer zu knacken.

Natürlich darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass die Ausstellung auch Herta Heuwer einen eigenen Raum gewidmet hat. Die Berliner Imbissbuden-Besitzerin aus Charlottenburg gilt vielen als Erfinderin der Currywurst. 1959 ließ sie sich ein Patent auf ihre Soße mit dem Namen Chillup ausstellen. Dass auch Hamburg und das Ruhrgebiet einen Anspruch auf „die Entdeckung der Currywurst“ erheben, wird zumindest erwähnt. Belassen wir es dabei.

(c) Nicole Asmuth

Das Museum macht Spaß. Für zugegebenermaßen nicht wirklich billige elf Euro pro erwachsener Nase kann selbst der alte Currywurst-Hase noch etwas Neues über seine Leibspeise erfahren.

Die Autorin testet persönlich (c) Nicole Asmuth

Gibt es also was zu meckern? Ja, gibt es, denn wer sich den duftigen und bildlichen Reizen der Ausstellung hingegeben hat, den gelüstet es nun nach  nichts geringerem als einer guten Currywurst, egal ob nach Berliner, Bochumer oder Hamburger Machart zubereitet. „Keer man, wär dat getzt lecker!“ Aber Fehlanzeige. Keine Bude weit und breit. Das gastronomische Angebot fehlt beim ersten und einzigen Deutschen Currywurstmuseum. Das hätten wir im Pott dann doch besser gekonnt:

Nachtrag Dezember 2010: Ohne Darm ist immer noch die Beste – Ein notwendiger letzter Absatz

Meine Gebete wurden erhört. Und deswegen muss, kann und darf ich jetzt einen letzten Absatz zu meinem Currywurstmuseumsbeitrag vom letzten Jahr nachreichen. Denn das kleine aber feine Berliner Museum, das sich als erstes und bisher einziges Deutschlands Beitrag zum Fast Food widmet, hat nun endlich auch das, was ich bei meinem letzten Besuch trotz aller Euphorie sehnlichst vermisst habe: eine echte, funktionierende Currywurstbude. Obwohl, so echt ist die gar nicht. Keine Wurst brutzelt auf dem Grill und Pommes gibt’s auch nicht, stattdessen herrscht ein wenig Kantinencharme. Da können die Museumsmacher durchaus noch etwas an ihrer Performance arbeiten. Dennoch hat die museale Herangehensweise an die rein praktische Nahrungsaufnahme auch ihren speziellen Reiz. Statt einer, kann man hier nämlich gleich drei Currywurstvarianten parallel verspeisen. Und beim Testen dieses speziellen Angebotes wurde ich wieder einmal in meiner Überzeugung bestätigt: ohne Darm ist immer noch die Beste.

Currywurst im Wurstmuseum (Foto: Nicole Asmuth)

www.currywurstmuseum.de

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