Würden Sie Kopfschmerztabletten kaufen, die nur jeden zweiten Sonntag wirken?

Thomas bricht die Lektüre von John Griesemers „Rausch“ ab.
Letzthin hatte Götz noch von seinen Lektüreerfahrungen berichtet und ich hatte bewundert, wie hartnäckig er an einem schwierigen Buch dranbleibt. Das ist meine Sache nicht. Aber immerhin habe ich 170 Seiten durchgehalten bei John Griesemers „Rausch“. Ganz unverblümt: Der Roman ist schlecht. Nach einem interessanten Kapitel, das einem durch eine Überdosis Ortsangaben Kopfschmerzen bereitet, kommt Griesemer nicht in die Pötte. Ein Ingenieur, in dessen Ehe es nicht zum Besten steht, soll ein Kabel durch den Atlantik ziehen, damit die Informationen schneller fließen (und die Dollars). Penetrant unsubtil raunt uns Griesemer das als Vorgriff auf unser Internetzeitalter zu:

„Wir können etwas ganz Neues sich entwickeln sehen – die Verbindung der Kontinente, den schnellen Fluss von Informationen. Informationen sind überall, Ludlow. Nicht nur in Briefen, Büchern oder telegraphischen Botschfaten. Auch in Gemälden, in Formeln, in Msuik, im Resultat eines Tennisspiels, in dem Preis von Waren […]“

Dabei schafft er es in 170 Seiten kein Interesse für die auftretenden Figuren zu wecken. Die Geschichte schleppt sich dahin, ohne spannende Fakten aus der historischen Zeit, ohne philosophische oder psychologische Überlegungen, die den Leser wachhalten könnten. Dröge. DRÖGE. Warum war das eigentlich ein Bestseller? Ach ja, weil Elke Heidenreich das Buch empfohlen hatte. Wahrscheinlich, weil sie den netten Herrn Griesemer nett fand. Ja, Du lieber Gott, ich würde mit dem auch gerne ein Käffchen trinken und nett plaudern, aber deswegen muss ich noch lange kein schlechtes Buch von ihm lesen – oder schlimmer noch: empfehlen. Entweder hat sie das Buch gelesen – dann steht es schlecht um ihren Geschmack und ihr literarisches Urteilsvermögen. Oder sie hat das Buch nicht gelesen – dann lügt sie uns an. Auf Seite 170 kommt dann folgende Stelle:

„Wenn sie ihm schon gegen alle Vernunft Glauben schenkte, konnte er im Gegenzug wenigstens geradlinig erzählen: ohne zu kokettieren, ohne etwas zu verschweigen, ohne in Rätseln oder wie ein Lehrer zu seinem Schüler zu sprechen.“

Spricht da der Autor über sich selbst? Da war für mich Schluss mit lustig. Nach allem, was ich so gehört habe, soll es noch zwei lesbare, interessante Kapitel geben … aber ich kämpfe mich nicht durch fast 690 Seiten Ödnis für etwa 30 lesenswerte Seiten. Ich kaufe ja auch keine Kopfschmerztabletten, die nur jeden zweiten Sonntag wirken. Mein Leben ist mir zu kurz für Bücher, die nicht gut genug geschrieben sind. „Rausch“ ist rausgeflogen, der Langweiler Griesemer kommt mir nicht mehr unter. Statt dessen liegt jetzt „Limit“ von Frank Schätzing auf meinem Lesetisch. So. Basta.

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