Südafrika á la carte.
In den nächsten Wochen wird so mancher Südafrika besuchen. Allerdings steht da eher der Fußball im Mittelpunkt. Dass Südafrika auch ein Reiseziel für Feinschmecker ist, beweist uns PJ und lässt uns das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Am besten beginnt man bei „Jimmy Killerprawn“. Das ist ein beliebtes Familienrestaurant in Somerset West. Es hat einen windgeschützten Bereich (die stürmische Küste ist nicht weit), eine Terrasse und einen Kinderspielplatz, auf dem ein schwarzer Animateur die zappeligen Kinder der Gäste beschäftigt. Fußball steht derzeit hoch im Kurs.
Killerprawn – das klingt martialisch, ist aber nicht so gemeint. Hier gibt es große Prawns vom Grill, schon entdarmt und aufgeschnitten, das Puhlen per Hand daher kaum nötig. Dazu eine Zitronenbutter (flüssig) und wahlweise Chips, also Pommes oder Reis. Das Ganze für erschwingliche 8.- €, da kommt man gerne öfter.
Die Restaurants in Südafrika machen es den Gästen nicht leicht, sich zu entscheiden. Denn die Ausgangsmaterialien sind sehr gut und lecker, da fällt es nicht schwer, ein gelungenes Gericht auf den Tisch zu bringen. Mit Gemüse hapert es allerdings, das ist die leidige englische Tradition, aber in den Top-Restaurants läßt man sich einiges einfallen.
Dazu einen Wein, rot oder weiß, wobei es schwierig ist, in Südafrika schlechten Wein zu finden. Dafür sorgen Hunderte von Weingütern. Mittlerweile wird in Regionen Wein angebaut, wo man es sich vor 15 Jahren noch gar nicht vorstellen konnte.
An den Stränden entscheidet man sich sinnvollerweise für alles, was aus dem Meer kommt: Prawns, gegrillt oder ebenfalls gegrillte Squids, das sind Tintenfischtuben. Diese können auch gefüllt sein, z.B. mit Frischkäse. Auch Crayfish (Languste/Hummer) konnten wir nicht links liegen lassen – in einem Touristenort wie Plettenberg wurden dann 90.- € fällig; allerdings für 2 Personen inklusive Getränke.
Ja, die Getränke! Da meine ich vor allem Wein. Mittags geht ein Gläschen Weißwein gut gekühlt und trocken problemlos zum Lunch. An besonders heißen Tagen gibt der Südafrikaner gerne einen Eiswürfel ins Glas – in Europa eine geschmackliche Todsünde, am Kap aber die dortige Variante der gut gekühlten Schorle.
Weil die Reben dort besonders viel Sonne bekommen, ergo besonders viel Fruchtzucker, ergo sehr alkoholhaltig werden, können die Kapwinzer auf konservierenden Schwefel verzichten. Das macht die Weine bekömmlicher. Der weiße Chenin blanc, eine fast schon historische französische Rebe, von den Hugenotten mitgebracht, hat mir neben dem geschmeidigeren Sauvignon blanc besonders gut geschmeckt. Die roten Weine wachsen meist an den schattigeren Südhängen (notabene: südlich des Äquators ist alles anders rum …) und werden gerne barrique vulgo „oaked“ ausgebaut. Das ist Geschmackssache. Uns mundete eher der elegante Cabernet Sauvignon oder der vollmundige Shiraz. Wobei ein Merlot oder die südafrikanische Züchtung Pinotage auch nicht schlecht daherkommt.
In der Weingegend – „Winelands“ – von Stellenbosch, Franshoek oder Paarl bieten große traditionsreiche Weingüter wie Boschendal oder Vergelegen Picknicks an. Das heißt aber nicht, dass man unbequem im feuchten Gras lungert und mit Brot, Wein, Salaten und womöglich noch Ameisen kämpfen muß.
Vielmehr sucht man sich im weitläufigen Park oder Wäldchen einen Tisch mit Stühlen und Sonnenschirm aus, bestellt bei einem freundlichen Boy („My name is John, I do everything for you today“) seinen Wein. Dieser kommt zusammen mit einem großen Picknickkorb, dessen Inhalt man auf dem Tisch ausbreiten und genüsslich verzehren kann. Pro Person kostet dieser Korb ca. 15.- € plus Wein inklusive Kaffee, diesen allerdings per Selbstbedienung. So lässt es sich über Mittag gut aushalten.
Die Gourmet-Variante ist vielerorts entlang der Garden Route, besonders aber in Franshoek anzutreffen. Dieser Ort nennt sich übersetzt französische Ecke, hier dominierten die Hugenotten und ihre Nachfahren, hier haben Unterkünfte und Restaurants bevorzugt französische Namen wie „Centre Ville“, „Dieu Donnè“ oder „Bon Vivant“. Das perfide ist nur: Die Einheimischen sprechen diese Namen keinesfalls französisch aus, vielmehr südafrikanisch, also englisch mit einem Einschlag von Afrikaans und das bringt jeden Touristen, der ein wenig frankophon spricht, bzw. hört, an den Rand der Verzweiflung. Denn südafrikanisch ausgesprochen versteht er diese Namen überhaupt nicht. Oder man stößt auf ein Restaurant in Wilderness namens „Serendipity“. Ein englisches Wort, das zu denen gehört, die eigentlich nicht zu übersetzen sind. Es bedeutet annähernd „Glücksfall“ oder „Glücksfund, der zustande kommt, während man eigentlich etwas ganz anderes suchte“. Warum das Restaurant so heißt, das wissen nur die afrikanischen Götter …
Aber Serendipity gehört zu den Toprestaurants im Staate Südafrika und bietet hohe Kochkunst auf der Basis regionaler, traditioneller Küche. Dies wird dem Gast wort- und gestenreich vom Besitzer beim Aperitif auf der Terrasse erläutert. Dann gibt es z.B. als Einstieg eine „Tomatenstudie“ bestehend u.a. aus Tomatenjus mit karamellisierten Zwiebeln oder eine Edelvariante des Burengerichts „Bobotie“, ein indisch anmutendes Hackfleischcurry, das normalerweise mit einem Ei-Sahne-Gemisch überbacken wird. Dazu ein Reis mit Gelbwurz (Kurkuma). Im Serendipity wurde das Hackfleisch selbstverständlich von der Antilope gewonnen.
Gegrillter Springbock und Straußenfleisch wird gerne als Hauptgang serviert. Generell muß man leider sagen, dass beim Nachtisch Südafrika noch Entwicklungsgebiet zu sein scheint: Schokolade schmeckt nicht richtig schokoladig, Eis eher wässrig und auch die anderen Dessert-Kreationen fanden wir suboptimal.
Dafür gibt es neben Straußenfleisch und Springbock ungewohnte Gerichte wie „Crocodile loin“, also Krokodillende, das ganze auch noch „slow food“, also langsam geköchelt. Der Geschmack – na ja, eher neutral, festes weißes Fleisch; Kruste und Sauce reißen es raus. Aber dazu wird – sozusagen im Preis inbegriffen – eine fantastische Aussicht auf das Tal von Franshoek serviert. Das sind Abende, die im Gedächtnis bleiben.
Im Gedächtnis bleiben auch so kleine Creationen wie die Vorspeise im Restaurant „The Girls“ von Wilderness: Lychees mit Roquefort gefüllt – sehr empfehlenswert. Oder auch ein Carpaccio vom Warzenschein, klingt exotisch, schmeckt aber kernig, vor allem mit einem Glas Shiraz. Oder ein Lemoncurd im Weingut Somerbosch, der einzigartig war – bei 35° unter dem Sonnenschirm mit einem Glas Weißwein …
Selbstverständlich kann man auch ganz einfach essen, z.B. entlang der Nationalstraßen liegen neben den Tankstellen meist sogenannte „farm stalls“, also Scheunen, die aber nichts anderes als Raststätten mit einfachen Gerichten, aber nettem Service darstellen. Meist in der Hand von Farbigen, die so auch was vom Reisetourismus haben. Auch in den Malls trifft man sich gerne zum Essen und Plaudern, ob schwarz oder weiß.
Südafrika bietet kulinarisch für jeden etwas, man muß ja nicht (wie ein schweizer Ehepaar) anhand eines Gourmetführers seine Reise so planen, dass man jeden Abend in einem anderen Top-Restaurant speist …