Taschenkalender: Externe Festplatten à 365 Tage

Carina entscheidet sich: Jedes Jahr plagen mich dieselben Fragen, bevor ich einen neuen Kalender kaufe: Möchte ich die ganze Woche auf einer Doppelseite im Überblick haben oder reicht eine Zweittagesübersicht? Wie viel Platz brauche ich für Notizen und soll es diesmal ein Hard- oder Softcover sein?  Das alles muss gut überlegt sein, denn das neue Exemplar begleitet mich immerhin ein ganzes Jahr. Mein Kalender ist nicht nur ein Merkbuch für Daten wie Geburtstage, Termine und Verabredungen. Ich halte darin alles Mögliche fest wie: Einkaufszettel, Songtitel, Geschenkideen, Buchsignaturen, Zugfahrzeiten, Wegbeschreibungen, die Maße von meinem neuen WG-Zimmer und manchmal sogar einfach das, was mich gerade bewegt. Kurzum: Mein Kalender ist so etwas wie eine kleine nichtelektronische externe Festplatte à 365 MB – pardon – Tage.

Adieu, 2009!?

Dieses Jahr soll es zum zweiten Mal der Moleskine „12 months – Weekly Notebook – Black softcover-Pocket“ sein. Bevor ich aber den neuen Begleiter einweihe, nehme ich von meinem alten Abschied. Ich blättere ihn durch und lasse das vergangene Jahr Revue passieren. Nicht alle wichtigen Ereignisse sind in meinem Moleskine-Gedächtnis vermerkt. Manchmal reicht aber nur eine kurze Notiz, um eine Kettenreaktion an Erinnerungen aufleben zu lassen. Das kann sehr spannend sein: Welche Zutaten brauchte ich noch, als ich im Mai bei meiner Kochgruppe an der Reihe war? Wo war noch das Geschäft in Hamburg, in dem ich mir meine Lieblingsschuhe gekauft habe? Wie hieß meine Mitfahrgelegenheit nochmal, mit der ich montags morgens um 6 von Stuttgart nach Mainz fuhr?

Foto: Carina Schmidt

Die Spreu vom Weizen trennen

Wenn ich mit meinem persönlichen Jahresrückblick soweit durch bin, fange ich an, die alten Geburtstage und Adressen von einem in den anderen Kalender zu übertragen. Das hat mitunter eine reinigende Wirkung: Wessen Geburtstag übertrage ich tatsächlich noch in den neuen Kalender? An was möchte ich mich nächstes Jahr gerne erinnern? Während ich vor ein paar Jahren noch Skrupel beim Aussortieren hatte, bin ich heute radikaler und weniger sentimental. Es reicht ja schon, dass ich alle Kalender von den letzten zehn (oder sogar noch mehr?) Jahren in einem Ikea-Karton aufbewahre. Warum ich nicht längst auf eine elektronische Alternative umgestiegen bin und die alten Dinger wegschmeiße? Weil ich dann vieles aus den vergangenen Jahren tatsächlich vergessen würde. Zum Beispiel was und wer mir mit Neunzehn wichtig war, wie sich meine Handschrift verändert hat – und ich selbst. Natürlich freue ich mich auf das neue Jahr und besonders darauf, manchen Ballast von 2009 loszuwerden. Trotzdem möchte ich zum Jahresende nicht gleich die ganze Festplatte formatieren.

+++ Moleskine – Der Maulwurf in der digitalen Welt Dieser Beitrag ist der letzte Teil einer Blog-Parade von SchönerDenken. Wir hatten jeden bloggenden Notizbuchbenutzer aufgerufen, seine oder ihre “Moleskine-Geschichte” auf seinem Blog zu erzählen. Bald werden wir alle Beiträge noch einmal zusammenfassen. +++

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