Machen statt klagen – zur aktuellen Filmblogdiskussion

Alexander Gajic hat in seinem Blog realvirtuality vier Thesen zur Filmblogosphäre aufgestellt: 1. Es gibt gar keine deutsche Filmblogosphäre, 2. Es gibt kein Filmblogleitmedium, 3. Inhalte werden nicht gefunden und 4. Die Trennung in U und E spaltet auch die Filmblogger. Ein lesenswerter Beitrag. Vielen Dank an Alexander dafür.

Zu der jetzt hoffentlich aufkommenden Diskussion möchte ich als Blogger hier bei SchönerDenken auch meine fünf Cent beitragen. Und die lauten in drei Worten: „Machen statt klagen“.

Fangen wir mit ersten These an, es gebe keine Filmblogosphäre. Mhm. Meine Blogosphäre besteht aus den Freunden, mit denen ich zusammenschreibe. Wir stehen morgens nicht auf und denken, es muss unbedingt eine deutsche Filmblogosphäre geben. Wir haben unser Blog vor mehr als sechs Jahren nicht gegründet, um unbedingt Teil einer Filmblogosphäre zu sein. Wir haben wenig darüber nachgedacht und bislang überhaupt nicht darüber geschrieben. Geschrieben haben wir stattdessen über Filme und Bücher – mehr als 1.000 Beiträge in sechs Jahren.

Alexander Gajic beklagt, es gebe nur Cluster und keine echte Filmblogosphäre. Tja, auch da hilft nur: Machen statt klagen. Also einfach andere Blogger einladen zu Gastartikeln und Aktionen – das funktioniert ganz wunderbar, wenn man es nur versucht. Wir laden hier für unsere Reihe „14 Jahre ohne Kino“ für jeden Jahrgang einen Filmblogger ein, damit sie einem unserer Leser erklären, welche Filme aus welchem Filmjahrgang unbedingt geschaut werden müssen. Der Abspannsitzenbleiber hat mitgemacht, auch Florian Lieb von Symparanekronemoi und Timo von Blockbuster Entertainment – es werden noch einige folgen.

Oder die Gelegenheit bei Filmfestivals nutzen, um sich zusammenzusetzen. Gary Siemund bei Nippon Connection zum Beispiel hatte für uns Filmblogger einen kuscheligen Rückzugsort geschaffen, hier haben sich die Blogger Ciprian David von Negativ, die Düsseldorferin Karoline Steinfatt, Cathy Munroe Hotes von Nishikata Eiga, Roger Macy von MidnightEye, Hendrik und ich von SchönerDenken und vor allem the legendary Chris MaGee vom Toronto J-Film Pow-Wow zusammengesetzt und sogar einen gemeinsamen Powwow-Podcast gesprochen.

Zweite These: Es gibt kein Filmblogleitmedium. Mhm. Was ist eigentlich ein Leitmedium? Und braucht es das tatsächlich? Eigentlich blogge ich, weil ich kein Leitmedium haben will.

Dritte These: Die Inhalte werden nicht gefunden. Da hilft ebenfalls: Machen statt klagen. Gemacht hat sich zum Beispiel der Abspannsitzenbleiber an eine Filmblogsuche. Und wenn einer will, dass gute Beiträge aus Filmblogs gefunden werden, dann soll er sie verlinken. Machen wir bei fast jeder Filmkritik (zum Beispiel bei Cloud Atlas und bei End of watch). Und wer gefunden werden will, sollte sich überlegen, ob er seine Beiträge unter einer Creative Commons-Lizenz veröffentlichen will. (Und wer als Blogger beklagt, dass zu wenig über Filmpolitik und Filmförderung geschrieben wird, sollte vielleicht einfach selbst darüber schreiben.)

Vierte These: Die Trennung zwischen U und E lebt im Netz weiter. Da ist was dran. Aber ist diese Trennung nicht unglaublich langweilig? Wir leben doch in einer potentiell postideologischen Zeit, ich kann mir gar nicht vorstellen, mich zwischen Popcornkino und Programmkino zu entscheiden. Dementsprechend gibt es bei uns alles durcheinander. Also auch hier: Machen statt klagen. Die U-und-E-Trennung ignorieren, beim Schreiben und beim Verlinken.

Bloggen, das heißt für mich in erster Linie meinen Leidenschaften gemeinsam mit Freunden nach gehen zu können. Bloggen heißt darüber hinaus: die Freiheit, dass wir schreiben können, was wir wollen, wie wir es wollen und wann wir wollen. Und es heißt auch, sich über ein paar hundert Leser und ein paar hundert Podcasthörer zu freuen. Wer größere Ambitionen hat, der sollte sich bis auf weiteres vielleicht Medien mit größerer Reichweite suchen. Ich bleibe hier und versuche erstens noch mehr Filmblogs zu lesen, zweitens noch mehr zu bloggen, drittens noch mehr Filmblogs zu verlinken und viertens zu reden – mit Filmbloggern, nicht über sie.

Dieser Text steht unter einer Creative Commons-Lizenz.
Quelle: Thomas Laufersweiler/SchönerDenken

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