Eine gute Fee für Großstädte und einsame Inseln

Carinas Nachreichung für die eigentlich bereits abgelaufene Teo-Net-Blogparade “Mein Lieblingsfilm”.

Die Frage nach dem Lieblingsfilm ist schwer zu beantworten. Natürlich gibt es viele Filme, die mir – je nach Lebensphase und Stimmung – etwas bedeutet haben. Um die Auswahl einzugrenzen, bin ich die Frage mal so angegangen: Welchen Film würde ich mit auf eine einsame Insel nehmen, wenn ich nur einen einzigen auswählen dürfte? Ich meine: Welcher Film erzeugt in mir eine Stimmung, die mir (notfalls) ein Leben lang etwas geben kann? Meine Entscheidung war prompt getroffen: Die fabelhafte Welt der Amelié (2001, Regie: Jean-Pierre Jeunet).

Fantasie als „Allheilmittel“

Die Welt, in der Amelié lebt, ist allerdings alles andere als märchenhaft. In ihr wimmelt es von Absurditäten des Alltags und Menschen mit Macken und Neurosen. Ob die hypochondrische Georgette, der an der Glasknochenkrankheit leidende Maler oder der arme Lucien, der von seinem herrischen Chef fortwährend gedemütigt wird: Jeder hat sein eigenes Päckchen zu tragen.

Amelié hat es indes auch nicht leicht. Sie wächst in einem lieblosen Elternhaus auf, wo ihr einziger Freund ein depressiver Goldfisch ist. Eines Tages muss sie sogar mit ansehen, wie ihre Mutter von einer Selbstmörderin erschlagen wird, die sich aus Liebeskummer von einem Kirchturm stürzt. Amelié lernt schon als Kind, ihre Fantasie als Allheilmittel gegen die triste Realität einzusetzen.

Auch als Erwachsene hat sie den Kopf noch voller Träume und ist empfänglich für die kleinen Freuden des Lebens. So liebt sie es beispielsweise beim Gemüsehändler ihre Hand heimlich in einen Sack voll Bohnen zu stecken oder die Kruste von Crème brûlée mit dem Löffel zu knacken. Trotzdem steht Amelié mit beiden Beinen fest auf dem Boden und arbeitet als Kellnerin in einem Pariser Café. Eines Tages beschließt sie, sich als gute Fee in das Leben anderer einzumischen.

Balsam für die Seele

Was ich an dem Film besonders liebe, ist die Art der Inszenierung. Wirklichkeit und Fiktion greifen fabelhaft ineinander. So reist ein Gartenzwerg um den Globus und verschickt Postkarten, Passbilder fangen an zu sprechen und ein Schweinchen mit Lampenschirm schaltet sich selbst aus. Zur Faszination des Films trägt ohne Zweifel auch die Hauptdarstellerin Audrey Tautou bei.

Die Liebenswürdigkeit und Ruhe, die sie ihrer Figur einhaucht, ist authentisch und unbestechlich charmant. Damit ist sie ohne Zweifel die Sympathieträgerin des Films. Zu guter Letzt – ich gebe es ja zu – mag vielleicht auch noch der heimliche Wunsch, einer guten Fee aus Fleisch und Blut auch im echten Leben zu begegnen, eine klitzekleine Rolle spielen. Eins ist jedenfalls sicher: Amelié Poulain gehört in jeden Notfallkoffer für einsame Inseln auch im echten Leben, denn sie ist Seelenbalsam auf Lebenszeit.

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