Beam uns nachhaus

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Podcast 22
Hendriks imaginäre Anthologie,
NICER FICTIONS, Band 1,
Zehnte Geschichte
James Tiptree jr.
BEAM UNS NACHHAUS
(Beam Us Home, 1969)

“Wissen Sie, ich habe geglaubt, daß sie tatsächlich existieren. Kirk, Spock, McCoy und all die anderen. Und ihr Raumschiff. Bis heute, das kann ich beschwören … Einmal hat einer von ihnen mit mir gesprochen, ich meine tatsächlich mit mir gesprochen. Ich wußte alles ganz genau – sie hatten mich als Beobachter zurückgelassen.“

Es ist für viele hochgelobte AutorInnen ein häufiges und etwas abgegriffenes Attribut, daß man ihnen zuschreibt, sie könnten ihre LeserInnen mit ihren Geschichten verzaubern. Bei der Autorin James Tiptree jr. (daß hinter dem maskulinen Pseudonym eine Frau steckte, war eine der größeren Sensationen des SF-Jahres 1977) wäre eine solche Zuschreibung jedoch völlig deplaziert – im Gegenteil: ich halte sie mit ihren wichtigeren Werken für eine der entzauberndsten Stimmen ihrer Generation.

“Beam uns nachhaus” ist für mich eine immens politische Geschichte, die ein gesundes Gefühl der Ernüchterung hinterläßt. Sie ist der definitiv letzte Schlußstrich unter ein oft naives literarisches Zeitalter, das Erzählungen wie Heinleins “Der Mann, der den Mond verkaufte” hervorgebracht hat. Zugleich ist es die Geschichte der Entzauberung einer ganzen Generation von jungen U.S.-Amerikanern – jener Soldaten, die den Vietnamkrieg in der Rolle des aktiven Opfers miterleben mußten.

Doch für mich ist es vor allem auch die Geschichte einer Kollision. SF wird ja von Unbedarften immer noch gerne vorgeworfen, in stärkerem Maße als jedes andere Genre Fluchtliteratur zu sein. Und auf den allerersten flüchtigen Blick scheint Hobies Schicksal das zu bestätigen. Aber tut es das wirklich? Ist das Bedürfnis, vielleicht wirklich ab und zu eine andere, bessere Welt zu denken, kritikwürdiger als die tragische Fähigkeit der Menschen, sich selbst völlig sinnlos eine Welt zu schaffen, die den Wunsch nach einer anderen Welt erst nahelegt? Ambitionierte SF – die mehr noch als eine Art zu erzählen, vor allem eine Art zu denken ist – ist der Finger auf der Wunde in der Utopie vom ‘Homo sapiens’. Und damit eine Erinnerung an die Chance einer Heilung, dessen Ziel eine denkbar bessere Welt ist.

Widerspricht das dem, was ich als nach wie vor gültig zu “Der Mann, der den Mond verkaufte” geschrieben habe? Ja und Nein. Und mit diesem Paradox sind Sie im Begreifen der Triebfeder der SF-Literatur ein gutes Stück weitergekommen. Denn Science Fiction ist – ähnlich wie viele Denkrichtungen der Philosophie, und ähnlich wie viele dieser Denkrich-tungen damit ein Kontrast zur durchschnittlichen Religion – vor allem an der Auffindung der richtigen Fragen interessiert, nicht an der verfrühten Formulierung von Antworten.

Ich fand diese Geschichte in: “10.000 Lichtjahre von Zuhaus”, Heyne Verlag.

So, dies waren nun die zehn SF-Geschichten, die ich für den ersten Band unserer imaginären Anthologie ausgesucht habe. Aber dabei kann es natürlich nicht bleiben, denn – wie eingangs schon vermutet – andere Schöner Denker kennen noch weitere wunderbare, gelungene, aufstörende, spannende, weise, wahre phantastische Geschichten, die mir völlig entgangen waren. Und da praktischerweise eine Imaginäre Anthologie so dick werden darf, wie sie will, folgen nun ein paar weitere Geschichtenempfehlungen. Viel Spaß dabei. Wenn mich derweil jemand sucht – ich bin im Universum nebenan.

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