Das Kino und der Chemiebaukasten

Gerade gesehen: Götz über „The Good German“

Im Grunde ist „The Good German“ eine durchaus sehenswerte Verbeugung vor der „guten, alten Kinozeit“, denn man ist ja schon froh, wenn man sich mal wieder an exquisiter Schwarz-Weiß-Fotografie laben kann. Solche Experimente gehören seit seinem Erstling „Sex, Lies and Videotape“ zu Stephen Soderberghs Regiearbeit. Um Sex und Lügen geht es auch hier, allerdings werden die Abgründe des Geschehens mehr behauptet als mit filmischen Mitteln realisiert. Auch „Tapes“ kommen vor, denn Soderbergh hat originale Dokumentaraufnahmen aus dem Berlin des Jahres 1945 elegant mit „seinen“ fiktiven Bildern verwoben (er stand bei „The Good German“ selbst hinter der Kamera). Diese alten Archivaufnahmen hätten ihn zu dem Film erst inspiriert, sagte Soderbergh in einem Interview.

Experiment ist aber das rechte Stichwort, denn die Künstlichkeit eines Reagenzglasprodukts haftet „The Good German“ leider fast permanent an, vor allem auch dem Spiel von Cate Blanchett, die sich weniger in die Figur der Prostituierten Lena Brandt als in das „Acting“ der alten Filmdiven wie Dietrich, Bergman, Valli und Bacall einzufühlen scheint, bis sie schließlich gar nichts mehr recht verkörpert. Ein vielleicht berechtigter, intellektueller Ansatz von ihr, der den Zuschauer aber auf Distanz hält, dies gilt übrigens auch für den bewusst blassen, langweiligen Auftritt von George Clooney (!) als Presseoffizier Jake Geismar.

Man versinkt nicht in diesem Film, der vom „Dritten Mann“ bis „Casablanca“  immer wieder Kinomythen zitiert. Soderbergh pickt sich dies und das von der Periodentafel der Kinoelemente, aber es kommt zu keiner zündenden Reaktion. Ohne Emotion geht es eben nicht. Außerdem ist die Story im Vergleich zu den Vorbildern viel zu vertrackt, kaum einmal bildet sich ein Spannungsbogen, der länger als eine Minute trägt. Lenas Ehemann (der zu konturlose Christian Oliver), ehemaliger Sekretär eines Nazi-Ingenieurs und von allen gesucht, weil geheime Dokumente über den Atomraketenbau in seinem Besitz sind, wird viel zu spät eingeführt. Und dem alten Hollywood-Studiosystem wäre es schon gar nicht passiert, den Schurken (in diesem Fall der wunderbare Tobey Maguire) bereits nach zwanzig Minuten sterben zu lassen.

„Je besser der Schurke, umso besser der Film“,

hieß es früher – und Maguire in der Rolle von Geismars Army-Fahrer Tully ist ein grandios schillernder Fiesling.

Aber das alles mag Soderberghs Absicht gewesen sein – nur gehört es eben zu Experimenten dazu, dass sie auch schief gehen können. Und vielleicht stammt die klinische Glätte mancher Soderbergh-Filme daher, dass er zu wenig aus seinem eigenen Leben und aus der Beobachtung des Lebens generell zu schöpfen scheint und zu vieles aus der Rezeption von Filmen und Büchern. Bei Wilder, Hawks und Curtiz war das Mischverhältnis noch ein anderes.
Mehr Gnade findet Soderbergh bei Bettina Fächer (SWR).
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