Junji Sakamoto: OKIKU AND THE WORLD feat. Andras (NipponConnection2023)

Zwei Männer tragen Eimer mit Exkrementen - Szene aus dem Film OKIKU AND THE WORLD

Zwei Männer tragen Eimer mit Exkrementen – Szene aus dem Film OKIKU AND THE WORLD

Kostümfilme laufen immer Gefahr in die Nostalgiefalle zu gehen und die Vergangenheit zu verklären. Nicht so OKIKU AND THE WORLD: In Junji Sakamotos Film müssen in der Edo-Zeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts zwei junge Männer wortwörtlich einen „Scheiss“-Job erledigen: Da es keine Kanalisation gibt, löffeln sie die Exkremente aus den Toiletten, bezahlen dafür Geld und verkaufen es als Dünger an Bauern. Statt Respekt gibt es Tritte von Samurai, die glauben dass sogar ihre Ausscheidungen besser sind als die anderer Menschen. Jeder rümpft die Nase, wenn sie sich nähern. Nicht so Okiku – obwohl die hübsche und gebildete junge Frau einer höheren Klasse angehört, respektiert sie Männer und verliebt sich sogar in einen der beiden.

Diese Liebesgeschichte über scheinbar unüberwindliche Klassenschranken hinweg ist ganz in schwarzweiss gedreht, was sowohl der gesellschaftskritischen Ebene als auch den komischen Momenten eine besondere Intensität gibt. Der Film, der nichts beschönigt, hat einen lakonischen Humor – wunderbar die Szene, wenn sich die Liebenden aussprechen und der Schneefall zeigt, wie lange das dauert 🙂 Wenige Momente zeigt uns Sakamoto in Farbe und katapultiert damit den Film für Augenblicke in unsere Gegenwart – auch eine Art, an die vierte Wand zu klopfen. Im Podcast denken wir darüber nach, dass sich eigentlich seit damals nichts geändert hat: Es müssen immer noch Menschen Scheiss-Jobs machen – ob bei den Entsorgungsbetrieben oder beim Batterierecycling in Bangladesch, werden ausgebeutet und nicht respektiert. Direkt nach dem Kino am Mikrofon: Andras und Thomas.

Von Junji Sakamoto haben wir bereits THE PROJECTS gesehen und den hervorragenden ANOTHER WORLD.


Folge 1219
Andras und Thomas mit ihrem ersten Eindruck von OKIKU AND THE WORLD


Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Quelle: SchönerDenken


Okiku And The World (Sekai no Okiku)
Japan 2022, 90 Min., Regie: Junji Sakamoto


Und das sagt Nippon Connection über Junji SAKAMOTO und OKIKU AND THE WORLD:

Über Junji SAKAMOTO
Junji SAKAMOTO, 1958 in Sakai geboren, begann seine Filmkarriere bereits während seines Studiums als Regieassistent, u.a. von Gakuryu ISHII. Sein Debütfilm KNOCKOUT (1989) wurde mit mehreren Nachwuchspreisen ausgezeichnet. Auch sein Krimi-Drama FACE (2000) war ein mehrfach prämierter Kinoerfolg. Bei Nippon Connection liefen u.a. seine Manga-Adaption BOKUNCHI – MY HOUSE (2003 / NC ’04), die Komödie THE PROJECTS (2016 / NC ’17) und das Drama ANOTHER WORLD (2018 / NC ’19). OKIKU AND THE WORLD (2022 / NC ’23) feierte 2023 seine Weltpremiere auf dem International Film Festival Rotterdam.

Über den Film
Die Stadt Edo im Jahr 1858: Während sich die Blütezeit der Samurai dem Ende zuneigt, schlagen sich zwei junge Männer durchs Leben, indem sie die Exkremente der Bevölkerung einsammeln und als organischen Dünger verkaufen. Der geruchsintensive Job bringt sie in das Haus der bezaubernden Okiku, die dort mit ihrem verarmten Vater lebt. In virtuosen Schwarzweiß-Tableaus und mit einem Schuss Ironie inszeniert Junji SAKAMOTO einen Historienfilm der anderen Art. Er zeigt das Japan der Vergangenheit als tristes und im wahrsten Sinne des Wortes beschissenes Zeitalter, in dem nur die Liebe einen Lichtblick bietet.


Trailer