„Morituri“: Die Todgeweihten von Algier

„Blutüberströmt liegt der Horizont da und bringt durch einen Kaiserschnitt einen Tag zur Welt, für den sich die Mühe letztlich nicht gelohnt haben wird.“

Es gibt Leser und Bücher, die passen einfach nicht zusammen. „Morituri“ von Yasmina Khadra und ich zum Beispiel. Es handelt sich um einen Detektivroman im Algerien der Gegenwart. Das war doch eigentlich genau meine Kragenweite: Kriminalliteratur hat leichtes Spiel bei mir und eine gewisse Affinität zur arabischen Kultur kann ich auch nicht verleugnen. Warum also konnte „Morituri“ bei mir nicht punkten?

1. Kommissar Llob erscheint mir als weinerlicher, hysterischer, irrationaler, brutaler, cholerischer, unprofessioneller Polizist, der sich fast genau so wenig an Regeln hält wie die Kriminellen, die er jagt und die ihn bedrohen. Im Klappentext wird er als humorvoll und integer bezeichnet … Na ja. Dass seine Gegenspieler (fanatische Islamisten und korrupte Reiche) noch schlimmer sind als er, macht es in meinen Augen nicht besser.

2. Poesie ist eine zerbrechliche Angelegenheit. Und wenn man die ästhetischen Vorstellungen des Autors nicht teilt, kann man es als Leser ganz schön schwer haben:

„Der Nieselregen legt sich klagend auf die heiteren Nächte von einst, während die Bäume sich in clownesker Hysterie die Haare raufen.“

Clowneske Hysterie? Bäume? Also mir war da eher nach Haare raufen. Und noch einer:

„In Algier gibt es Tage, an denen Himmel und Meer sich zusammentun, um ein Gefühl unglaublicher Fülle zu erzeugen. Alles ist blau bis in Neptuns Bett hinein, und die Sonne, dieser Schalk, bringt es fertig, im tiefsten Winter den Sommer wachzuküssen. Von allen Sonnen der Welt ist unsere die einzige, der dieses Kunststück gelingt.“

Neptuns Bett? Schalk? Wachküssen? Wem hier der Kitsch-Alarm nicht um die Ohren geflogen ist, darf sich als Yasmina-Kadhra-geeignet betrachten. Ich bin es nicht. Yasmina Kadhra ist übrigens ein Pseudonym, dass der Autor benutzte, bevor er 2001 aus Algerien ins französische Exil ging. Meinen Respekt hat der Autor, dass er so harte Töne gegen Terroristen, Reiche und Mächtige anschlägt. Ich bewundere seinen Mut. Seine Romane eher nicht.

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