„Sunshine“: „Die Sonne weiß, wann sie untergeht …“

(Psalm 104, 19f.)

Danny Boyle gehört mittlerweile zu den Regisseuren, deren Filme man nicht verpassen will. Das verdankt er „Trainspotting“ (1996), „The Beach“ (2000) und dem sehr beeindruckenden Horrormeisterstück „28 Days later“. „Beach“-Autor Alex Garland hatte zu letzterem auch das Drehbuch beigesteuert. Und jetzt präsentieren uns Boyle und Garland also einen Science Fiction-Film im Großformat. Haben sich die beiden damit einen Platz an der Sonne verdient oder nur die Finger verbrannt?

Was wäre, wenn der Sonne der Saft ausginge? Garland war auf diese Frage bereits 2004 in einem Wissenschaftsmagazin gestoßen. Und wissenschaftlich korrekt versucht der Film zu sein, zumindest im direkten Vergleich zu anderen Vertretern des Genres. Überhaupt lautet das Design-Motto ganz offensichtlich NASA statt Star Wars/Star Trek. Das Produktionsdesign macht wirklich Laune – da hat sich Boyle an den richtigen Vorbildern orientiert.

Zur Story: Die letzte Hoffnung der Menschen, einem Tod im kommenden solaren Winter zu entgehen, ist ein Raumschiff: die Icarus II. Die internationale siebenköpfige Crew unter Führung von Kapitän Kaneda soll eine Sprengladung zur Sonne bringen, um den Stern wieder zu entzünden. Drehbuchautor Garland ging es dabei um die Frage, wie die Mannschaft mit der Verantwortung klar kommt, das Überleben der ganzen Menschheit zu ermöglichen. Und wie die Astronauten damit umgehen, im Laufe der Mission wahrscheinlich ihr Leben zu verlieren.

Einige wirken kontrolliert und handeln professionell, anderen gehen die Nerven durch. Schiffsarzt Searle dagegen genießt die Stunden im Sonnenobservatorium – es ist eines der vielen schönen Details des Films, dass Searle im Laufe der Handlung immer deutlichere Spuren von Sonnenbrand aufweist. Spannung kommt auf, nachdem der Funkkontakt abgebrochen ist und die Mannschaft tatsächlich alleine da steht. Denn sie erhalten ein Funksignal eines anderen Schiffes – den Notruf der verschollenen Icarus I. Wie in „Alien“ ändern sie den Kurs und setzen damit eine Kette von tragischen Ereignissen in Gang, denn ein Astronaut begeht einen dämlichen (und unrealistisch anmutenden) Fehler, andere opfern ihr Leben, um die Mission zu retten. Aber das ist bevor der Sauerstoff knapp wird und bevor etwas Unheimliches danach trachtet, die Crew und die Mission aufzuhalten:

Computer: Warning. You are dying.
Capa: We have remaining oxygen to keep four crew alive.
Computer: Affirmative.
Capa: There are only four crew members.
Computer: Negative. Five crewmembers.
Capa: Who’s the fifth crewmember?
Computer: Unknown.

Der Film hat eine Menge lichter Momente. Aber schließlich kann er am Ende nicht halten, was er am Anfang verspricht. Während in anderen Filmen in der zweiten Hälfte noch einmal richtig die Sonne aufgeht, wird es handlungslogisch in „Sunshine“ zappenduster. Aber ganz ehrlich: Das ist mir im Kino vor lauter klaustrophobischen Kameraeinstellungen in sonnenfesten Raumanzügen und gleißenden Sonnenfeuern und bedrohlichen Soundeffekten bereits völlig egal. Boyle lässt uns im Kinosaal zu blinzelnden Sonnenanbetern mutieren, die dem goldenen, solaren Showdown entgegenfiebern.

Da fällt erst im nächtlichen Dunkel vor dem Kino auf, dass der Film mehr hätte sein können als ein optisches Feuerwerk mit überzeugenden Schauspielern und überdurchschnittlichem Soundtrack. Aber zum Meisterwerk hat es bei Drehbuchautor Garland diesmal noch nicht gereicht. Sei`s drum. Ich würde sofort wieder ins Kino gehen, wenn es wieder heißt: Der Letzte macht das Licht an. Dann aber mit Sonnenbrille.

Sunshine
UK 2007, 103 Min., Regie: Danny Boyle

Links

„Rauschhafte Szenen“ hat der Abspannsitzenbleiber entdeckt.
Schön, dass es solche Filme noch gibt, findet Oliver Naujoks.

Der Text steht unter einer Creative Commons-Lizenz.
Quelle: Thomas Laufersweiler/SchönerDenken

Schreibe einen Kommentar