In Japan findet Geschichtsrevisionismus statt. Ein Kriegsverbrechen wird seit vielen Jahren von der rechtskonservativen Regierung Japans verharmlost und tabuisiert: die Vergewaltigung, Folterung und Tötung tausender Mädchen und jungen Frauen in den von Japan im Zweiten Weltkrieg besetzten Gebieten, vor allem in Korea. Berichterstattung über die so genannten „Comfort Women“ wird unterdrückt.
Das ist der Hintergrund des Dokumentarfilms TARGET von Shinji Nishijima. Rechtskonservative regierungsnahe Gruppen greifen den Journalisten Takashi Uemura an, weil er 1991, also vor zwanzig Jahren, über die Comfort Women und die Zeugenaussage einer überlebenden „Trostfrau“, der Koreanerin Kim Hask-sun, geschrieben hatte. Seine Artikel werden als erfunden und erlogen angeprangert, er wird öffentlich angegriffen, seine Hochschule, an der er Professor war, lässt ihn fallen: Die Hokusei Gakuen University in Sapporo bittet Uemura um Kündigung. Es gibt Morddrohungen gegen Takashi Uemura. Der Film zeigt seine Versuche, gegen die Beschuldigungen zu klagen.
Thomas hat sich für dieses düstere und komplexe Thema kompetente Unterstützung geholt und begrüßt als Gast den filmbegeisterten Journalisten Patrick Torma. Patrick ist nicht nur ein großartiger Gesprächspartner sondern vor allem auch der Gründer des bekannten und extrem lesenswerten Blogs und hörenswerten Podcasts journalistenfilme.de. Mit ihm diskutiert Thomas u.a. darüber, ob die Vorwürfe gegen Takashi Uemura und die Zeitung Asahi Shimbun berechtigt sind und inwiefern der Dokumentarfilmer Shinji Nishijima bei der Begleitung von Uemura unabsichtlich den Geschichtsrevisionisten in die Falle geht und die eigentliche Geschichte – nämlich das Kriegsverbrechen an den Comfort Women – fast aus dem Blick verliert.
Mehr Informationen zum Film und zum Thema
- Review des Films von Hayley Scanlon in “Windows on Worlds”
- Patrick Torma: “Japan und die “Trostfrauen”: Target (Doku, 2021)”
- Oliver Bechmann: Ein Schrein und Sex-Sklavinnen (Frankfurter Rundschau)
- Kathrin Erdmann: Japan sollte sich richtig entschuldigen (Deutschlandfunk Kultur)
- Review des Films von Rouven Linnarz (film-rezensionen.de)
Hier unsere Podcastfolge zum Film THE JOURNALIST über die kritische Journalistin Isoko Mochizuki.
Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Quelle: SchönerDenken
Bild: © Document Asia
Target (Hyoteki)
Japan 2021, 99 Min., Regie: Shinji Nishijima
Folge 1154
Patrick Torma ist zu Gast und wir diskutieren über TARGET und den Geschichtsrevisionismus in Japan
Länge: 24:18
Download der Episode auch über den Feed
Und das sagt Nippon Connection über TARGET:
Der japanische Journalist Takashi UEMURA veröffentlichte 1991 für die Zeitung Asahi Shimbun mehrere Artikel über eine Koreanerin, die im Zweiten Weltkrieg an japanische Soldaten als „Trostfrau“ zwangsprostituiert wurde. Über zwei Jahrzehnte später werden die Artikel als erfunden gebrandmarkt, UEMURA wird in den Medien angegriffen, verliert seine Hochschul-Lehraufträge und seine Familie wird bedroht. Der Filmemacher Shinji NISHIJIMA zeichnet eindrucksvoll nach, wie rechtsextreme Kräfte in Japan systematisch Einfluss auf die Gesellschaft ausüben und welche Rolle die japanische Regierung dabei spielt.
Shinji NISHIJIMA, 1957 in der Präfektur Fukuoka geboren, studierte an der Waseda University und startete seine Karriere 1981 bei der RKB Mainichi Broadcasting Corporation. Von 1991 bis 1994 arbeitete er als Korea-Korrespondent in Seoul. Er produzierte zahlreiche TV-Dokumentationen über den Zweiten Weltkrieg. 2017 führte er beim Dokumentarfilm RESISTANCE – THE OLD WRITER HAYASHI EIDAI zum ersten Mal selbst Regie. 2019 gründete er seine eigene Produktionsfirma Document Asia. Sein zweiter Kinodokumentarfilm TARGET (2021 / NC ’22) wurde beim Busan International Film Festival uraufgeführt.