THE BANSHEES OF INISHERIN: Vom Ende einer Freundschaft

Padraic (Colin Farrell) und Colm (Brendan Gleeson) © Jonathan Hession / 20th Century Studios

Padraic (Colin Farrell) und Colm (Brendan Gleeson) © Jonathan Hession / 20th Century Studios


Die Hölle, das sind die Anderen. Die Anderen auf einer kleinen, armen irischen Insel 1923. Padraic und Colm sind ewig schon befreundet, als Colm (Brendan Gleeson) dem jüngeren Padraic (Colin Farrell) die Freundschaft kündigt. Ohne ersichtlichen Grund, naja, weil Padraic langweilig ist und Colm sich nur noch auf das Komponieren konzentrieren will, um wenigstens etwas musikalische Unsterblichkeit zu bekommen. Und Colm meint es ernst: Er droht sich jedes Mal einen Finger abzuschneiden, wenn Padraic ihn anspricht. Und man kennt irische Inselbewohner schlecht, wenn man glaubt, Colm würde das nicht durchziehen. Die Situation eskaliert und gerät außer Kontrolle, als ein kleiner Esel ins Spiel kommt … Vielleicht geht es aber gar nicht so sehr um Freundschaft und um Padraic, vielleicht geht es einfach um die tiefe Verzweiflung von Colm. Vielleicht ist die Freundschaft zu Padraic der erste Finger, den sich Colm abschneidet.

Martin McDonagh, der als Regisseur mit IN BRUGES und THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI bereits Kultstatus erreicht hat, bietet uns hier eine düstere, tragikomische Geschichte, die mit schwarzem Humor vom Scheitern sozialer Beziehungen erzählt: Von der Ladenbesitzerin, die lieber die Welt brennen sieht als auf Klatsch zu verzichten, vom menschenverachtenden Polizisten, der seinen Sohn misshandelt, von eben diesem verzweifelten Sohn Dominic (Barry Keoghan), der unglücklich verliebt ist und von der einzigen Person auf der Insel, die noch bei klarem Verstand ist: Patricks Schwester Siobhan (Kerry Condon). Jenseits der exzellenten Schauspieler:innen und der gelungenen Inszenierung der verschrobenen Menschen in einer kargen Welt, übertönt das Leiden von Padraic, Colm und Dominic dröhnend den schwarzen Humor des Films. Das Ende lässt offen, ob sich die Spirale bis in den Tod weiter drehen wird.

Direkt nach dem Film am Mikrofon ist Johanna sehr zufrieden und eher gut gelaunt, während Thomas nur an abgeschnittene Finger denkt und an Colms (und Dominics) Verzweiflung, die viel größer und dunkler ist als die Irische See.


Folge 1176
Der erste Eindruck von THE BANSHEES OF INISHERIN
Länge: 21:40


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Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Quelle: SchönerDenken
Bild: © Jonathan Hession / 20th Century Studios
Musik: Johannes Klan


The Banshees of Inisherin
IRL 2022, 114 Min., Buch und Regie: MartinMcDonagh


WICHTIG: Wir haben THE BANSHEES OF INISHERIN im Programmkino Capitol&Palatin in Mainz gesehen, sehr viele SchönerDenken-Episoden zu anspruchsvolleren Filmen sind vor diesem Programmkino aufgezeichnet worden. Dieses Kino ist die Grundlage der Kinokultur in Mainz: Das Programm ist hervorragend kuratiert – besondere Filme aus vielen unterschiedlichen Genres und Nationen, immer wieder auch in Originalsprache, dazu viele Veranstaltungen. Dem Programmkino Capitol&Palatin droht durch ein Gebäudekauf durch ein großes Immobilienunternehmen die Schließung. Mehr Informationen gibt es hier und hier. Eine Petition zum Erhalt dieses wichtigen Kinos gibt es hier. Bitte unterstützen!


 

Trailer