„Too bad to be God?“ – Too good to be bad, but not good enough to be good, fürchte ich

Hendrik klappt seine erste Urlaubslektüre „Too bad to be God“ von Kristina Lohfeldt vorzeitig zu, bleibt aber halbwegs versöhnlich

Es ist ein eher nur halbgutes Zeichen, wenn ich auf Seite 210 beginne querzulesen. Gut, weil ich ja schonmal bis Seite 210 (von 352) gekommen bin. Halb, weil mich das Buch offenbar dennoch nicht wirklich fesselt und hier und jetzt das falsche Buch für mich zu sein beginnt.

Dabei ist die Idee so abstrus, dass sie mich stärker reizen müsste: Es geht um eine Gotthochschule, genauer: eine Fortbildungsstätte für göttliche Entitäten, die auf der Höhe der Zeit bleiben und ihr zum Teil doch recht antiquiertes Image aufpolieren möchten. Mit neuesten Marketing- und Selbstfindungsstrategien sollen diverse bekannte (Loki, Odin, Diana) und unsereins etwas unbekanntere Götter und mehr oder weniger Gottähnliche (Kuan Yin, Govannon) lernen, das Gläubigenmaterial ‚Mensch‘ besser verstehen und natürlich beherrschen zu können. In zehn Einzelkursen (=Erzählungen) und mit etwas Rahmenhandlung drumherum wird von vielen kurzweiligen Begegnungen zwischen Göttern, Halbgöttern und Menschen (darunter auch der ein und andere Kleingärtnerverein) erzählt. Zu erwähnen wäre noch, dass der – in homöopathischer Anlehnung an Kafka – zum Skarabäus mutierte Apotheker Herr Pille überall dabei ist. In den Begegnungen und Dialogen finden sich ferner einige recht interessante philosophische Ansätze zu den Themen Religion und Mythologie wieder, es gibt anfallsweise nette humoristische Fußnoten und Wortspiele und … ja, irgendwie war’s das.

Kristina Lohfeldt hat als Autorin zwei Eigenschaften, die ich selbst äußerst schätze: spürbaren Sprachspaß und sehr viel Phantasie. Nicht umsonst wird sie aufgrund dieser Gaben im Zusammenhang mit diesem Buch von diversen RezensentInnen mit Terry Pratchett in Verbindung gebracht. Allerdings: der Vergleich tut nicht gut.

Es gibt kleine Passagen und Zitate in „Too bad to be God“, die haben durchaus einen gewissen kabarettistischen Charme:

„Geht beim Streiten viel Porzellan zu Bruch, nennen wir Menschen das Temperament. Schlägt irgendwo eine fliegende, überdimensional große Untertasse ein, zeigt sich: auch Götter haben Klärungsbedarf.“ (S. 76).

Sowas könnte eher Dieter Nuhr gesagt als Terry Pratchett getippt haben, aber immerhin.

Die sich anschließende Vorstellung, Kriegsgötter könnten, da ihnen alle Arten der Kriegsführung vertraut sind und damit keinen echten Reiz mehr darstellen, plötzlich das genaue Gegenteil, nämlich Friedensbildung als neue echte Herausforderung ‚in Angriff‘ nehmen, hat tatsächlich einen gewissen paradoxen Pratchett’schen Fußnotendreh. Auch jemanden wie den Dozenten Herrn Plosiv damit zu charakterisieren, dass er spricht, als sei er mit einer imaginären Pickelhaube auf die Welt gekommen, ist wunderbar gesagt. Leider jedoch teilen sich diese sprachlichen Höhepunkte den Druckraum mit nicht wenigen ausgesprochen üblen Kalauern, die Herrn Pratchett nicht nur nicht stehengelassen hätte, er hätte sie mit Sicherheit gar nicht erst hingeschrieben:

„Also ich weiß nicht, was ich von Tieren, und seien sie auch Götter, lernen soll“, murrte Olsgrim und kraulte Cirby gedankenverloren hinter den Ohren.
„Nun, immerhin steht der Dachs bei den Menschen hoch im Kurs“, warf Loki ein.
„Und diese Puter“, meinte Diana. „Ewig heißt es irgendwo: ‚Komm, Puter!‘ Aber wenn frau dann genauer hinschaut, dann steht da nur ein summender, brummender Kasten…“ (S. 155)

… und Tusch vom Band beim Kinderkarneval. Leider dümpelt das auf diese Art sehr durchwachsene Wortspielaneinandergereihte mangels einer echten Romanhandlung in der Summe ziemlich orientierungslos vor sich hin, und das ermüdet mich Verwöhnten dann doch irgendwann (auf Seite 210 eben) einfach zu sehr.

Immerhin, ein paar Mal haben sich, glaube ich, doch meine Mundwinkel gekräuselt, und in dem ein und anderen Schmökermoment mag das völlig hinreichen. Eine offensichtlich sprachbegabte Autorin hat hier eine wirklich sehr schöne Idee gehabt, die jedoch entweder einfach nicht über so viele Seiten funktioniert oder aber ein strengeres Lektorat erfordert hätte. Vermutlich kann ich mit diesem „herrlich albernen“ (Rezizitat) Zugang zum Erzählen tatsächlich einfach nur auf kurze Distanzen.

Also: Buch beiseite in Richtung des Ausreisestapels und ohne großes Bedauern die nächste Lektüre gegriffen – von, hier und heute, einem der Besten seines Faches: Jasper Fforde. Dazu später dann mehr.

 

Kristine Lohfeldt, „Too bad to be God. Göttliche Unterhaltung“, 2012 Scratch Verlag Hamburg. Paperback, 352 Seiten.

Diese Rezension stammt von Hendrik Schulthe und steht wie immer unter Creative Commons BY-NC-ND 3.0.

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