Trotz alledem: Ankommen bei Nippon Connection 2011

Der Gedanke ist schon erstmal da: Ein Filmfestival? Haben die Japaner nicht im Augenblick ganz andere Sorgen?

Das Vorwort zum Programm verrät mir, dass man sich die Entscheidung, ob man angesichts der katastrophalen Ereignisse in Japan der letzten Monate überhaupt guten Gewissens ein Filmfestival für japanischen Film durchführen kann, nicht leicht gemacht hat, sich dann aber letztendlich dafür entschieden, es im Geiste einer Begegnungsstätte und als Möglichkeit aktiver Hilfeleistung so umzusetzen wie geplant.

Nippon ConnectionImmerhin könnte ja von weitem der Ersteindruck entstehen, man wolle tatsächlich zwar die Kunst der Kulturnachbarn präsentieren, sei jedoch gegenüber den Schicksalsschlägen der Menschen, die dahinter stehen, gleichgültig. Schickt uns die Filme, damit wir in Deutschland unser Festival auf Hochglanz bringen können, und dann geht meinethalben wieder Dreck schippen.

Wer jedoch nur wenige Minuten auf dem Festivalgelände verbracht hat (und SchönerDenken hat im letzten Jahr einige tausend Minuten dort verbracht, und nicht alle davon im Kinodunkel), weiß sofort: nein, es ist nicht diese Art Festival. Liebe zur Sache verträgt sich nicht mit menschlicher Gleichgültigkeit. Zu viele Freunde aus beiden Kulturkreisen treffen sich hier (wieder), zu viel persönliches Herzblut steckt in den unbezahlten Arbeitsstunden.

Es ist womöglich eher das genaue Gegenteil von Gleich-Gültigkeit, was hier geschieht, denn das Festival gilt in diesem Jahr eben nicht das Gleiche wie ohne Erdbeben, Tsunami und atomare Verseuchung. Es gilt mehr. Es ist ein Forum für Anteilnahme, natürlich, aber vor allem ist sein Stattfinden wohl ein Indikator dafür, dass keine Paralyse eingetreten ist, keine Erstarrung zur Handlungsunfähigkeit. Es ist kein halbherziges <Na gut, dann eben irgendwie doch>, sondern ein bewusst plaziertes <Gerade deswegen>.

Kunst ist eine Sache der Emotionen, und – viele tausend Filme haben uns das gelehrt – die Emotionslosen sind immer entweder die Bösen oder die ohne Hoffnung. Sich in diesen Zeiten ganzherzig der Ausrichtung eines Festivals wie Nippon Connection zu widmen, bedeutet vielleicht einfach, unbedingt die Option zu bejahen, weder zu den einen noch zu den anderen zu gehören.

Aber jetzt sind wir erst einmal angekommen, wurden wieder einmal aufs Freundlichste begrüßt und freuen uns auf den ersten Film.

Mehr Informationen auf der Website des Festivals und im Festival-Blog

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