Anlässlich des 94. Geburtstages von Autorenlegende Jack Vance führten wir ein ausführliches Interview mit einem, der dessen Werk wirklich in- und auswendig kennt – seinem deutschen Verleger und Übersetzer Andreas Irle.
Hier Teil Zwei des Interviews. Teil Eins findet sich hier.
Ich möchte noch einmal zurückkommen auf das, was Du eingangs über die besonderen Aspekte in Vances Werk gesagt hast, vor allem über die Bedeutung der Sprache. Während es sicherlich – in der SF wie auch in jedem anderen belletristischen Genre – AutorInnen gibt, die Sprache als reines Handwerkszeug und Medium ansehen, um einen von ihnen für viel wichtiger erachteten Plot zu transportieren, gehört Vance zu jenen, bei denen die Sprache nicht nur Mittel und Weg zum Zweck zu sein scheint, sondern der Vorgang des Erzählens ist selbst Teil des Ziels. Liest man womöglich Vance auch deswegen so gern, weil er es offensichtlich so liebt zu erzählen?
Die Sprache ist für Vance nicht einfach nur Mittel zum Zweck, sondern in gewissem Sinn ein Symbol für das Leben selbst – der Weg ist das Ziel. Das drückt sich stärker noch in den Handlungen vieler seiner Romane aus, dazu später mehr. Viele seiner erfundenen Worte sind auf Klang ausgelegt, sie sollen sich einfach gut anhören, für ihn selbst und für den Leser. Dabei passt er die Sprache den verschiedenen Gesellschaften an.
Das Kapitel „Vances Worte“ in Jack Rawlins Buch „Demon Prince“ ist diesbezüglich sehr interessant, wie natürlich das gesamte Buch. Rawlins schildert, wie Vance mittels Fachsprachen, Latinismen und Substantivierungen eine fremde Aura schafft, die jedoch, da sie ja menschengemacht ist, auch irgendwie vertraut ist. Dabei geht in den Übersetzungen allerdings einiges verloren, insbesondere, was die Substantivierungen angeht, da es diese zumeist bereits in Deutsch gibt.
Viele lesen Bücher wegen des Handlungsbogens, sie brauchen geradlinige Plots, die zielgerichtet auf die Lösung zugehen und in einem Showdown enden. Bei Vance, der auch handlungsorientiert schreiben kann, was viele seiner Werke beweisen, ist das in anderen seiner Werke nicht so. Ihm wird vorgeworfen, häufig die Lust am Ende von Serien zu verlieren. Ich schließe mich allerdings der Ansicht von Jack Rawlins in „Demon Prince“ an, dass dies Vances Absicht ist. Im letzten Band der Durdane-Trilogie, „Die Asutra“, zum Beispiel, ist der eigentliche Held Gastel Etzwane aus dem Zentrum der Handlung verschwunden. Nicht er ist derjenige, der die Handlung vorantreibt, sondern jemand anderes. Daher wirkt das Ende des Buches etwas ernüchternd, was jedoch gewollt ist, da der Leser die Gefühle Etzwanes teilen soll. Außerdem hat Vance ab der Durdane-Trilogie auch die Angewohnheit angenommen, Handlungsstränge häufig nicht in einem Bogen zu entwickeln (obwohl hier der Gesamtbogen gewahrt bleibt), sondern irgendwann während des Verlaufs der Handlung aufzulösen (teilweise ebenfalls entgegen der/den Erwartungen/Hoffnungen des Lesers).
Geschichten wie „Die Mondmotte“ leben von der Unvollkommenheit, oder besser: Unvollständigkeit der Requisiten: Vance ist für mich einer von denen, die mit wenigen Sätzen einen Ort oder eine Kultur anzureißen und diese so gewandt zu skizzieren vermögen, dass die Phantasie des Lesenden eingeladen wird, das Bild selbst fortzumalen. Das Lesen bleibt kein passives Rezipieren, sondern erhält kleine Anregungen zum Weiterspinnen – ‚Wie lebt man in einer Zivilisation, in der jeder sich ständig hinter Masken verbirgt? Oder tun wir das in einem gewissen Sinne nicht tatsächlich ständig?‘ – und so weiter.
Ob es der Grundgedanke von „Die Kriegssprachen von Pao“ bzgl. der Relevanz von Sprache für das Denken oder nur eine beiläufige Fußnote über die Machtaspekte des Wartens ist (irgendwo in den Cadwal-Chroniken, glaube ich, sinniert Vance darüber, dass, wer jemand anderen warten lassen kann, damit Macht über den Wartenden ausübt): Vance scheint sich nicht nur wahllos exotische Kulturen auszudenken, sondern auch eine recht wache Wahrnehmung dafür zu haben, wie Kultur funktioniert. Ich persönlich finde, dass es vor allem genau das ist, was Vances Romane von trivialer Unterhaltungslektüre unterscheidet. Wie siehst Du das?
Vance weiß, was eine Kultur ausmacht und benutzt die Bestandteile – Architektur, Sitten, Religion, etc. – um die Grundlage dafür zu legen. Dabei geht er bei manchen Dingen in die Tiefe und bezeichnet ein „Glas“ nicht als solches, sondern als „Kelchglas“; meist sind „Boote“ keine „Boote“, sondern ein „Skiff“, eine „Kogge“, ein „Lastkahn“. Wobei wir bei den Aufzählungen von Vance wären. In Jack Rawlins „Demon Prince“ gibt es dazu ein eigenes Kapitel. Diese Aufzählungen treten oft in Dreiergruppen auf und schildern beispielsweise den Inhalt von einem Bücherschrank, eine Reihe von Instrumenten, Nahrungsmittel etc. Manche Listen enthalten Begriffe, die im Grunde ein und dasselbe beschreiben; dies nutzt Vance zuweilen dazu, ein von ihm geprägtes Wort zu verwenden, weil man anhand der anderen Begriffe sofort weiß, worum es sich handeln muss.
Er versteht es, einen Rahmen gerade so weit vorzugeben, dass der Leser in der Lage ist, diesen weiter zu füllen; er stellt das Gerippe, der Leser das Fleisch. Seine Werke spiegeln die ungeheure Vielfalt wider, in der wir leben und die er uns, als Science Fiction verpackt, vorhält. Jeder Mensch ist ein Universum in sich, mit seinen Eigenheiten, seinen Träumen und Beweggründen
Am Anfang von Vance Schriftstellerlaufbahn jagen die Helden etwas hinterher, was sie haben wollen. Dies drückt sich auch in den Titeln aus: „To Live Forever“ [Ewig zu leben] (Kaste der Unsterblichkeit), „The Five Gold Bands“ [Die fünf goldenen Bänder] (Das Weltraum-Monopol), „The Houses of Iszm“ (Die lebenden Häuser). Die Themen von Vance ähneln sich: Einerseits kommt ein Außenseiter in eine ihm fremde Kultur und muss sich darin zurechtfinden, zum Beispiel bei „Großplanet, „Tschai“, „Showboot-Welt“, den „Dämonenprinzen“. Andererseits bringt eine Kultur einen Menschen hervor, der sie in Frage stellt, wie in „Kaste der Unsterblichen“, „Der azurne Planet“, „Emphyrio“, „Die Domänen von Koryphon“.
Anfang der 70er Jahre kommt bei Vance das Thema Heimat auf. In Büchern wie „Trullion: Alastor 2262“, „Marune: Alastor 933“, „Maske: Thaery“ und den „Cadwal Chroniken“ geht es um die Bewahrung des Zuhauses. In manchen Werke sind die Themen gemischt. Interessant ist dabei, dass in den früheren Werken die (fremde) Kultur häufig unter die Räder kommt. Das Paradebeispiel dafür ist „Tschai“; auf der Suche nach einem Raumschiff kommt Reith mit vier Fremdrassen in Kontakt, die alle nach der Begegnung nicht mehr so sind wie vorher. Vance entwickelt auch einen Sinn für den Verlust großer kultureller Errungenschaften, wie beispielsweise dem Lied der Ka in „Durdane“. Später geht es ihm eher, darum, die Werte der bestehenden Kultur zu schützen, siehe „Maske: Thaery“ oder die „Cadwal Chroniken“.
Das aktuell jüngste Buch Deiner Edition ist kein Roman von Jack Vance, sondern seine Autobiographie „Gestatten, Jack Vance!“ – Es ist ja offenbar kein Zufall, dass auf dem Cover Vance am Steuer eines Segelschiffes gezeigt wird und nicht an einem Schreibtisch. Das Buch erweckt für mich deutlich das Bild eines grundsympathischen Menschen, dessen große Leidenschaft immer vor allem das Reisen gewesen ist (ferner das Segeln und die Musik), und fast beiläufig (allerdings ziemlich fleißig …) hat er eben auch geschrieben – wohl nicht zuletzt deswegen, weil man diese Arbeit ortsunabhängig tun kann.
Wie hat sich Deiner Meinung nach Vances Leben in seinen Büchern ausgewirkt – abgesehen von den offenkundigen Reminiszenzen an die von Vance so geliebten Boote (wie in „Die Mondmotte“, „Showboot-Welt“ undsofort)?
Ja, auf das Cover bin ich stolz, denn David Alexander hat mir dafür über John Vance – das Original zur Verfügung gestellt. Der blaue Umschlag symbolisiert das Meer. Wie Jack Vance als Mensch ist, kann ich letztendlich nicht sagen, da ich ihn persönlich nicht kenne. Aber in den Kontakten, die ich mit den Vances hatte, waren sie immer nett. Für Vance war es wohl recht früh klar, dass er im Beruf nicht „gebunden“ sein wollte und so hat die erste Möglichkeit Ende der 60er Jahre genutzt, freier Schriftsteller zu werden, als dies finanziell möglich war.
Bereits zuvor sind die Vances immer wieder auf Reisen gegangen, bis Ihnen das Geld ausging und er wieder für den Unterhalt als Zimmermann arbeiten musste. Als sie vom Schreiben leben konnten – Norma Vance tippte die handgeschriebenen Manuskripte ab, John Vance wurde während der Reisen unterrichtet – blieben Sie häufig eine längere Zeit an einem Ort, beispielsweise auf einem Hausboot in Kaschmir oder in einem Haus in Irland, um zu arbeiten. Am unmittelbarsten sind seine Reiseerfahrungen wohl in die Kriminalromane eingegangen: Marokko und die politische Situation dort in „Der Mann im Kafig“, Hochseesegeln in „Die tödlichen Inseln“, die Fahrten als Passagiere auf Frachtschiffen in „The Dark Ocean“. Alles andere wird mehr oder weniger unterbewusst in seine Werke eingeflossen sein – die Welterfahrung, die man unweigerlich bei solchen Reisen macht.
Manchmal verwendet er mehr oder weniger bekannte Namen, mitunter etwas verballhornt, etwa die seiner Freunde und Kollegen Frank Herbert und Poul Anderson, mit denen zusammen er ein Hausboot gebaut und die Wasserwege im Raum um San Francisco befahren hat. Vance ist begeistert von Hot Jazz, er selbst hat Banjo und Kornett in Bands gespielt – deshalb sind die Namen einiger Jazz-Größen in seinem Werk anzutreffen. Seine Freunde Robert Palmer und Ralph Vicinanza (auch sein Agent) hat er in der Eingangspassage von „Nachtlicht“ bzw. in „Kaleidoskop der Welten“ verewigt.
Norma Vance hat mir einmal gemailt, dass sie in Aachen gewesen seien und dort den „Hühnerdieb-Brunnen“ gesehen haben; Vance erwähnt in „Lurulu“ einen Hühnerdieb-Trott; überhaupt birgt die Einführung zu „Lurulu“ manche autobiografische Anspielung. Das Haus, das die Vances in Oakland in Eigenleistung erbaut haben, ist mit vielen Materialien aus aller Welt ausgestattet. Für Vance ist es immer wieder schön, auf Reisen zu gehen, aber genauso schön, von der Reise wieder nach Hause zu kommen, wie er sowohl in „Nachtlicht“ als auch in „Gestatten, Jack Vance!“ zum Ausdruck bringt.
In der Autobiographie bekam ich den Eindruck, Vance sei meist ein nur sehr zurückhaltender Teilnehmer der ‚SF-Szene‘ gewesen. Ist das richtig?
Das kann man so sagen. Er hat nur an wenigen SF-Conventions teilgenommen und sich auch rar gemacht, was Interviews angeht. Das hat sich seit Anfang der 90er Jahre geändert, trotz seines Alters war er auf dem ein oder anderen Con als Ehrengast anzutreffen und auch Interviews hat er häufiger gegeben. Das letzte übrigens erst Anfang Juni 2010 – über eine Stunde lang.
Ein schöner Artikel ist im Juli 2009 im New York Times Magazin erschienen.
Science Fiction als Begriff ist für ihn dubios, er schreibt einfach das, was er schreibt. Dabei sind Raumschiffe Mittel, um von einem Punkt zum anderen zu kommen, und der Weltraum ist der Hintergrund dafür. Im Zentrum seiner Geschichten stehen aber in der Regel Menschen im Angesicht einer mehr oder weniger außergewöhnlichen Herausforderung.
Soweit ich weiß, ist von den Büchern von Jack Vance noch nie eines verfilmt worden. Woran liegt das Deiner Meinung nach? Angesichts der teilweise doch recht verzweifelt wirkenden Plots vieler Science Fiction- und Fantasy-Filmproduktionen sollte man doch meinen, man würde sich auf so bildreiche und originelle Quellen stürzen…
Einige seiner Krimis sind verfilmt worden, „The Man in the Cage“ (Der Mann im Käfig) und „Bad Ronald“, den es auch in einer deutsch synchronisierten Fassung gibt, sogar zweimal – es gibt eine US- und eine französische Fassung. Meines Wissens nach gab es auch einige Optionen, beispielsweise für „New Bodies for Old/Chateau D’If“ (Das Schloß der Abenteuer), wenn ich mich recht erinnere. Warum daraus nichts wurde, wer weiß … vielleicht, weil im Filmgeschäft der Hauptaugenmerk auf die Effekte gelegt wird. Bei „Avatar“ hat mir am besten gefallen, als Neytiri Jake Sully ihre Welt gezeigt und erklärt hat, aber das ist leider eher die Ausnahme.
In verschiedenen Foren wurde über Vance-Verfilmungen geschrieben und spekuliert, wer welche Rollen spielen könnte. Johnny Depp wäre jedenfalls mein Favorit für Cugel.
Welche Lektüre würdest Du einem Vance-Neuling zuerst in die Hand drücken?
Mein erster Vance war „Maske: Thaery“, allerdings ist der Einstieg bei diesem Buch nicht einfach. Deshalb würde ich als Erstlektüre die Kurzgeschichte „Die Mondmotte“ empfehlen. Das ist, der allgemeinen Meinung nach, die typische Vance-Geschichte. Aber für viele waren „Die Drachenreiter“ oder auch die Tschai-Bücher der Einstieg in Vances Welten. Einen guten Überblick über sein Werk bietet das SF-Personality 10 über Jack Vance vom Shayol-Verlag, dessen Neuauflage meiner Ansicht nach überfällig ist.
Bei mir war es in der Tat auch „Die Mondmotte„, gefolgt von den Erzählungen in „Staub ferner Sonnen“ (u.a. „Dodkins Job„). Meine ersten Vance-Romane waren dann die Bände der Durdane-Trilogie. Und nebenbei gefragt: Was liest Du eigentlich, wenn Du mal nicht Jack Vance liest?
Im Besonderen lese ich Science Fiction, hier am liebsten Jack McDevitt (Die Legende von Christopher Sim) und Nancy Kress (Fremdes Licht, Verico Target, Moskito); kürzlich habe ich die Hyperion-Bücher von Dan Simmons wieder gelesen – großartig.
Ich mag auch einige der Commonwealth-Romane von Alan Dean Foster (Die denkenden Wälder, Reise zur Stadt der Toten, Die Eissegler von Tan-ky-ky, Die Moulokin-Mission, Die Fahrt der Slanderscree). Fantasy lese ich weniger; hier fand ich von David Eddings die Belgariad-Saga klasse. Ich glaube, die werde ich demnächst noch einmal lesen. Im Allgemeinen lese ich quer Beet: Goethe (Faust), Shakespeare (Viel Lärm um Nichts), Alexandre Dumas, Krimis, historische Romane, christliche Literatur.
Abschließende Frage: Von Vance wird gerne gesagt, er sei quasi Gründer und Hauptvertreter der Science Fantasy, also jener betont untechnischen Art des phantastischen Erzählens, die Requisiten aus Science Fiction und Fantasy miteinander kombiniert und in ihren besseren Momenten (womit „Darkover“ ausgeschlossen wäre …) damit eine ganz besondere Art von poetischem Charisma erschafft. Ich finde ja, dass diese Zuweisung nicht ganz stimmt, denn es gab vor ihm und zeitlich parallel zu ihm andere AutorInnen mit der gleichen Neigung – C.L. Moore, Cordwainer Smith und noch viele andere. Dennoch hat Vance innerhalb der Phantastik zweifellos gehörig große Fußstapfen hinterlassen, die auch viele SchreiberInnen jüngerer Generationen erst zu Fans und dann selbst zu Autoren hat werden lassen. Gibt es jüngere AutorInnen, von denen Du womöglich sagen würdest, die- oder derjenige ist dabei, Vances schriftstellerisches Erbe anzutreten?
Jack Vance liebt das Organische, Raumschiffe sind Mittel zum Zweck. Er verwendet gern Planeten, auf denen sich die Handelnden mit Händen oder Schwertern bekämpfen, statt Laserpistolen. Ich schätze die Geschichten um die sterbende Erde („Die sterbende Erde“, „Der Lachende Magier“, „Cugel der Schlaue“, „Rhialto der Wunderbare“), diese haben ihm den Titel des Begründers der Science Fantasy eingebracht. Die Handlung entfaltet sich Jahrtausende in der Zukunft, das Milieu aber ist das des Mittelalters, gepaart mit Magie, geprenkelt mit den Überbleibseln des technischen Zeitalters. Um dies einzuordnen war eben eine weitere Schublade im Schrank der Phantastischen Literatur notwendig. Vance ist das übrigens schnuppe; er würde sagen: „Ich schreibe das, was ich schreibe.“
Das, was er schreibt, finde ich faszinierend, sei es in Schubladen gesteckt wie Fantasy (Lyonesse), Science Fiction (z.B. die Cadwal Chroniken) oder Krimi (z.B. Der Mann im Käfig). 2009 ist ein Buch – Songs of the Dying Earth – zu Ehren von Jack Vance erschienen, worin 23 Geschichten verschiedener Autoren gesammelt sind, welche die sterbende Erde als Hintergrund haben. Neben den Geschichten schildert jede Autorin / jeder Autor in einem kurzen Nachwort die Beziehung zu Vance; die bekanntesten sind: Robert Silverberg, Tad Williams, Tanith Lee, Dan Simmons, George R. R. Martin, Neil Gaiman.
Es gibt weitere Schriftsteller, die gern Vance lesen und/oder Einflüsse von Vance aufweisen, wie Gene Wolfe oder die hierzulande unbekannten Matthew Hughes und Tim Stretton. Von Stretton hat mir ein Buch so gut gefallen, dass ich es demnächst als Paperback herausbringe. Es geht um einen Außenseiter (Mirko Askalon), der in einer Stadt eine Aufgabe (Galeerenkapitän) übernimmt, deren Tragweite er nicht überblicken kann und der sich dadurch in politische Machenschaften hereinmanövriert, aus denen zu entkommen er dringend Hilfe benötig. Einiges davon erinnert stark an Vance, aber Stretton findet einen eigenen Weg, die Geschichte zu erzählen – das Buch steht auf eigenen Beinen.
Mir ist allerdings niemand so lieb wie Vance, den ich immer wieder gern lese. Das liegt wohl daran, dass dem vanceschen Gesamtpaket niemand so nahe kommt wie Vance selbst. Hughes mag vom Milieu und der Atmosphäre her ähnlich sein; Strettons Dialoge haben etwas von Vance, aber sie sind eben nicht Vance. Und das ist meiner Ansicht nach vor allem für diese Autoren gut, denn schließlich sollen sie für ihre eigenen Werke gerühmt werden, nicht für Imitationen.
… und das sei ihnen auch herzlichst gegönnt, würde ich meinen. Bei Dir, Andreas Irle, möchte ich mich herzlich für das Interview bedanken und Dir viel Erfolg mit Deiner weiteren Arbeit an Deiner Edition wünschen. Voraussichtlich im November werden wir ja bereits die nächste Veröffentlichung daraus in Händen halten dürfen, Deine rundumerneuerte Wiederveröffentlichung von Vances „Maske: Thaery“ von 1976.
Enden möchte ich mit einem Zitat von Jack Vance selbst, das mich in seiner Autobiographie gerade deswegen beeindruckt hat, weil es den sicherlich berechtigten Stolz eines Mannes wiederspiegelt, der fleißig, begabt und zugleich völlig unprätentiös gelebt hat und ein Werk hinterlässt, das zu den Lesenswertesten der neueren phantastischen Literatur überhaupt gerechnet werden darf:
„Wie jetzt offensichtlich sein sollte, habe ich viel Arbeit erledigt, während Norma, John und ich an einem angenehmen Ort hier oder da auf der Welt waren. Ich habe es so geplant, als ich noch sehr jung war, bevor ich überhaupt etwas geschrieben hatte, und durch eine Laune der Umstände hat es funktioniert.“
Wie schön für uns Lesereisende, dass dies für Jack Vance so gelaufen ist. Möge der alte Mann noch eine schöne Zeit haben!
Im Anhang hier nun noch ein paar Links zum Thema. Zunächst natürlich der Link zur Editionshomepage von Andreas Irle, über die man die Werkedition im Direktvertrieb ordern kann. Eine Übersicht über die englischsprachige Vance Integral Edition erhält man hier. Der klassische Wikipedia-Artikel teilt einem natürlich auch einiges mit. Ein ganzes Archiv u.a. mit Coverabbildungen der Bücher von Jack Vance in verschiedenen Ländern und zahlreichen weiteren Informationen findet sich hier.
Das Interview führte Hendrik Schulthe für schoener-denken.