Nippon Connection 2011 – Thomas und Hendrik über
ANPO: Art X War von Linda Hoaglund, Japan 2010
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Die Abkürzung ANPO steht in der japanischen Zeitgeschichte für ein eher düsteres Kapitel. Als im Jahre 1960 das Kriegsverliererland Japan seine politische Unabhängigkeit zurückerhielt, wurde gleichzeitig ein Gegenabkommen geschlossen, das eine dauerhafte Militärpräsenz der U.S.A. in Japan begründete. Dieses Abkommen wurde trotz massivster Proteste der Bevölkerung vom damaligen japanischen Premierminister und mit Rückendeckung des C.I.A. durchgesetzt und hinterlässt auch heute noch seine Spuren – denn die Militärbasen gibt es immer noch. Regisseurin und Produzentin Linda Hoaglund hat für diese Dokumentation Zeitzeugen befragt, die ihre Sicht auf die damals etablierte Situation in Form von Kunstwerken – Liedern, Gemälden, Fotografien – zum Ausdruck bringen.
Neben der oft traumatischen Erinnerungen an den Krieg selbst und seine Folgen sind das auch Schilderungen der Nachteile, die der Bevölkerung aus der ungeliebten Präsenz des fremden Militärs bis heute erwachsen: die in Japan gelegenen Militärbasen dienten z.B. während der Konflikte in Vietnam als Zwischenstationen für Frontsoldaten, und die von der Front zurückgekehrten, oft selbst traumatisierten Soldaten waren auf vielen Ebenen eine Bedrohung für die japanische einheimische Bevölkerung rund um die Basen: eine Künstlerin berichtet, dass Frauen ständig damit rechnen mussten, vergewaltigt zu werden, ein Maler erinnert, dass die ärztliche Versorgung in der Region vom Militär für ihre Lazarette beansprucht wurde, und die einheimische Bevölkerung unversorgt blieb. Heute dienen die Basen als Zwischenstationen bei Afghanistaneinsätzen – und es hat sich sonst nur wenig geändert.
Stets werden passend zu den Worten jene eindrucksvollen Bilder gezeigt, mit denen Künstler von damals bis heute ihre Wut und Verzweiflung ausdrück(t)en. Bilder von den Massenprotesten von 1960, auf einem anderen Schnappschuss ist eine Gruppe von U.S.-Soldaten zu sehen, die gerade ein fünfjähriges japanisches Kind überfahren haben, ein amerikanischer Kriegsheimkehrer präsentiert einer Fotografin stolz seine Tätowierungen.
Wie oft nach solchen Dokumentationen bleibt das Gefühl, viel zu wenig zu wissen. Ansonsten beeindruckte uns die unmittelbare Intensität, mit der die Kunst auf das Zeitgeschehen reagiert und die subjektive Sicht Betroffener zeitlos festhält. Weiteres im Podcast!
Links
Chris Magee hat die Regisseurin Linda Hoaglund interviewt und sie sagt:
Ciprian von NEGATIV über die Dokumentation: