DAS BLAU DES KAFTANS: Die diskrete Macht der Liebe

Lubna Azabal als Mina und Saleh Bakri als Halim in Maryam Touzanis Film DAS BLAU DES KAFTANS © 2022 Arsenal Filmverleih

Lubna Azabal als Mina und Saleh Bakri als Halim in Maryam Touzanis Film DAS BLAU DES KAFTANS © 2022 Arsenal Filmverleih

Halim (Saleh Bakri) ist Schneider, ein Meister seines traditionellen Handwerks – er näht wunderschöne Kaftane, jede einzelne Verzierung von Hand. Zärtlich und behutsam geht er mit den edlen Stoffen um und die Kamera folgt ihm dabei. Zart und behutsam ist auch die Liebe zwischen Halim und seiner ebenso resoluten wie charismatischen Frau Mina (Lubna Azabal), sie ist sein Gegenpol, sein Fels, seine große Liebe – und sie weiß, dass Halim homosexuell ist und sich in den Lehrling Youssef (Ayoub Missioui) verliebt hat. Aber die Liebe dreier Menschen überwindet die Hindernisse, gibt Raum für zartes Glück und für Hoffnung über den Tod hinaus.

Maryam Touzanis meisterhaftes Kammerspiel ist wunderschön in seinen Farben und Bildern, sie zeigt Marokko und die Medina als Schauplatz vollkommen frei von jedem kolonialen Orientblick. Das eigentliche Wunder des Films ist das herausragende Schauspielensemble, das Touzanis Bühne nutzt, um uns ganz nah an eine diskrete, zarte und so machtvolle Liebe heranzuführen. Im Podcast reden wir begeistert über Seide, Mandarinen, über die liebevolle Darstellung der Figuren und über den sinnlichen und feinstofflichen Zauber dieses Films. Am Mikrofon direkt nach dem Film: Katharina, Johanna und Thomas.


Folge 1198
Unser erster Eindruck von DAS BLAU DES KAFTAN
Länge: 9:12


Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Quelle: SchönerDenken
Bild: © 2022 Arsenal Filmverleih
Musik: Johannes Klan


Das Blau des Kaftans (Le bleu du caftan)
Marokko 2022, 118 Min., Regie: Maryam Touzani


Andere Meinungen

„Ich liebe die Malerei, sie ist für mich ein natürliches Ausdrucksmittel, so wie es das Licht ist. Die Werke von Vermeer, von Georges de La Tour, von Caravaggio inspirieren mich sehr. Licht und Farbe spielen für mich eine wesentliche Rolle beim Übertragen von Emotionen. Wenn ich einen Film schreibe, ist das immer visuell; die Farben, die Texturen sind von Anfang an da. Und eines der Dinge, die ich am meisten genieße, ist es, sie zum Leben zu erwecken, während ich am Bühnenbild, an den Kostümen, am Licht arbeite. Es fühlt sich an wie Malerei, bei der jeder Strich zählt.“
Maryam Touzani im Interview mit Marit Hofmann

„Es ist ein kleines Wunder, wie die Kamerafrau die alltäglichsten Szenen in Gemälde verwandelt, sie in warmes Licht taucht, die Gesichter streichelt und durch die Augen ins Innere blickt. In seiner Detailtreue verlässt sich der Film auf den Tanz der Blicke, auf die Choreographie leichter Berührungen und die Koloratur der Tonlagen. Das hat seinen inhaltlichen Sinn auch in dem Versteckspiel vor staatlicher Repression. Aber die faszinierende Bildästhetik mit ihrem Faible für sanft gleitende Bewegungen offenbart eine weitere Bedeutungsschicht. Nur eine solch sorgfältig ausgeklügelte Kameraarbeit und Lichtdramaturgie kann es mit dem Niveau der Nähkunst aufnehmen, die vom Aussterben bedroht ist und für die der Film ein eindrückliches Requiem komponiert. Verwoben sind hier gleich drei Hommagen: an die Liebe, die Toleranz und das Loslassen.“
Peter Gutting für film-rezensionen.de

„Eine schauspielerische Wucht ist Lubna Azabal. Die Entschlossenheit und Stärke, die sich in ihrem Gesicht spiegelt, und die Art, wie sie die langsame Kapitulation ihres Körpers vor dem Sterben andeutet, sind große Kunst. Unter der geschickten Schauspielführung Touzanis dürfen alle Figuren glänzen und behalten auch in den verletzlichsten, intimsten Momenten ihre Würde.“
Maxi Braun für epd-film.de

„Während die beiden Schneider mit ihrer Arbeit ans Krankenbett wechseln, entsteht eine vertrauensvolle Gemeinschaft und Ersatzfamilie. In diesem geschützten Raum des offenen Miteinanders werden sowohl Geständnisse als auch Verzeihen möglich. Subtil und Anteil nehmend formuliert Maryam Touzani in ihrem zutiefst humanistischen Film vor diesem Hintergrund ein Plädoyer für Freiheit und den Mut, zu lieben.“
Wolfgang Nierlin für filmgazette.de


Trailer