BROKER: „Wenn ich morgen aufwache, werde ich an diesen Film gerne zurückdenken.“

Gang Dong-won als Dong-soo, Lee Ji-eun: So-young und Song Kang-ho als Sang-hyun in Hirokazu Kore-edas Film BROKER © 2022 Plaion Pictures

Gang Dong-won als Dong-soo, Lee Ji-eun als So-young und Song Kang-ho als Sang-hyun in Hirokazu Kore-edas Film BROKER © 2022 Plaion Pictures

Die schlechte Nachricht: Der Film ist sehr lange und er ist sehr langsam erzählt. Die gute Nachricht: Der Film ist sehr lange und er ist sehr langsam erzählt. Möglicherweise dauert es eine Weile, bis man sich sich mit Kore-edas Zeit synchronisiert hat. Dann aber ist man tief drin in einer ruhigen und damit wunderbar nachvollziehbaren Entwicklung der Charaktere. Da ist Sang-Hyun, eigentlich hat er eine Wäscherei, und manchmal vermittelt er gegen eine dicke Provision Babys, die er mit Dong-soo aus der Findelkinderablage eine Kirche stiehlt. Ein notorischer Lügner – aber nicht wirklich ein schlechter Mensch. Da ist So-young, die junge Mutter, die vor ihrer eigenen Vergangenheit flieht.

Alle haben Narben in BROKER und halten nicht viel von sich selbst. Und alle sind dabei neue Rollen und neue Verantwortungen zu finden, als sie zu einer Familie zusammengewürfelt werden, denn die Mutter eines der gestohlenen Babys schließt sich ihnen an und ein Junge, der aus dem Heim davon gelaufen ist. Eine Familie, die der Zufall zusammengefügt hat, und deren Mitglieder anfangen füreinander da zu sein. Die Polizei ist dieser kleinen Schicksalsgemeinschaft auf den Fersen und nicht nur die Polizei. Eine Roadmovie mit großartigen Details und wenig Dramaturgie, sehr feinem Gespür für die Figuren, für ihre Zweifel und ihre Hoffnungen. Kore-eda eben. Diesmal auf Koreanisch. Am Mikrofon direkt nach dem Film: Birgit, Peter und Thomas.


Folge 1196
Unser erster Eindruck von BROKER
Länge: 8:19


WICHTIG: Wir haben BROKER im Programmkino Capitol&Palatin in Mainz gesehen. Dem Programmkino Capitol&Palatin droht nach einem Gebäudekauf durch ein großes Immobilienunternehmen die Schließung. Mehr Informationen gibt es hier und hier. Eine Petition zum Erhalt dieses wichtigen Kinos gibt es hier. Bitte unterstützen! Wir haben in Capitol&Palatin sehr viele großartige Filme gesehen, sehr viele SchönerDenken-Episoden zu anspruchsvolleren Filmen sind vor diesem Programmkino aufgezeichnet worden. Dieses Kino ist die Grundlage der Kinokultur in Mainz: Das Programm ist hervorragend kuratiert – besondere Filme aus vielen unterschiedlichen Genres und Nationen, immer wieder auch in Originalsprache, dazu viele Veranstaltungen. Wir appellieren an die Verantwortlichen der Stadt Mainz, dieses Kino zu retten!


Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Quelle: SchönerDenken
Bild: © 2022 Plaion Pictures
Musik: Johannes Klan


BROKER
KOREA 2022, 129 Min., Regie: Hirokazu Kore-eda


Andere Meinungen

„Die Figuren sind weniger eine Einheit, als dass sie aneinander Halt finden, aber im Kern dann doch sehr auf sich fokussiert sind, während sie sich der Frage stellen müssen, was richtig und was falsch ist. Innerhalb seiner Filmografie markiert Beurokeo damit alles andere als Kore-edas Oberklasse, doch selbst ein eher gewöhnlicher Kore-eda ist im Vergleich mit dem, was sonst im Kino landet (oder mit Filmpreisen bedacht wird) noch höherrangig anzusiedeln. Sodass man dem Regisseur einen Zettel beilegen würde: I’ll come back for you.“
Flo LIeb für symparanekronemoi

„Auf dieser Reise in einem klapprigen Van durch ein sozial zerrüttetes Korea, in dem die extremen Unterschiede zwischen Oben und Unten – hier die vermögenden Kinderlosen, da die ums Überleben kämpfenden Gauner – sichtbar werden, wachsen die beiden Gauner, die junge Mutter und ein aufgeweckter Junge aus einem Waisenheim zu einer Ersatzfamilie zusammen. Sie alle kennen das Gefühl, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, erkennen sich darin und stehen füreinander ein.“
Thomas Hummitzsch für intellectures

„Kore-eda spitzt seine betont entspannt erzählte Geschichte immer wieder auf emotional intensive Momente zu, ohne diese zu sentimental oder kalkuliert wirken zu lassen. Sein Geheimnis besteht darin, große Gefühle zu erzeugen, dabei aber nicht den offensichtlichsten Weg zu gehen. Als gefühlvoller Höhepunkt von „Broker“ erweist sich eine Szene, in der sich eigentlich alle in die Arme fallen müssten. Stattdessen liegt die Wahlfamilie in einem dunklen Hotelzimmer, ohne einander zu berühren. Durch Distanz und Zurückhaltung verleiht Kore-eda diesem Moment eine besondere Spannung. Die Einsamkeit des Einzelnen bleibt dadurch erkennbar, während sich die Liebeserklärung auf die bloße Existenz des Anderen bezieht und deshalb kaum besser zur Geschichte passen könnte: „Danke, dass du geboren bist“.“
Michael Kienzl für filmdienst.de

„Auch diesmal versteht es Hirokazu Kore-eda meisterlich, uns eine vertrackte Geschichte voller Widerhaken zu erzählen. Wir Zuschauer sind uns nie sicher, was als nächstes passiert. Mit faszinierender Eleganz und viel Humor zeigt uns der Regisseur ein skurriles Leben am Rande der Gesellschaft. Hektisch ist in den Filmen von Hirokazu Kore-eda nichts – Action-Szenen sind nicht sein Ding. Wer das akzeptiert, erwartet einen wunderbaren Film.“
Jan-Barra Hentschel für nochnfilm.de


Trailer