ORLACS HÄNDE: Große Gesten, große Augen

Conrad Veidt als Paul Orlac im Film ORLAC'S HÄNDE 1924

Conrad Veidt als Paul Orlac im Film ORLAC’S HÄNDE 1924

Transplantation ist ein Element in Body-Horror-Filmen, das alte Ängste in uns wach ruft. Übernehmen wir mit dem Körperteil die Eigenschaften des „Vorbesitzers“? ORLAC’S HÄNDE ist der erste dieser Filme, unübersehbar spätexpressionistisch, große Bauten, große Gesten, große Augen. Die Geschichte nach einem Roman von Maurice Renard erzählt vom Pianisten Paul Orlac, der bei einem Unfall seine Hände verliert. Der Arzt entscheidet sich, ihm die Hände eines gerade hingerichteten Mörders anzunähen. Die Operation gelingt, aber Orlac erträgt den Gedanken nicht, mit den Mörderhänden wieder Klavier zu spielen oder seine geliebte Frau zu berühren. Und dann geschieht ein Mord. Haben die Hände des Mörders wieder zugeschlagen?

Der Film stellt Orlacs psychischen Zustand in den Mittelpunkt, die expressionistische Bildsprache spiegelt intensiv Orlacs Ängste. Seine Hände wirken tatsächlich wie Fremdkörper, als hätten sie einen eigenen Willen. Im Podcast direkt nach dem Film sprechen wir über die Hände der liebenden Ehefrau, über die beeindruckende Live-Klavierbegleitung von Uwe Oberg, über den drei Jahre später kommenden Tonfilm, über Handlungswendungen – und über nicht sehr stumme Betrunkene und Mäuse. Direkt nach dem Film vor dem Caligari am Mikrofon: Kristin und Thomas.

Der Film ist als DVD/Bluray als ARTE-EDITION/absolut MEDIEN erhältlich.
Eine Version mit englischen Zwischentexten gibt es auf YouTube.


Folge 1245
Kristin und Thomas mit ihrem allerersten Eindruck von ORLAC’S HÄNDE direkt nach dem Kino
Länge: 09:55


Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Quelle: SchönerDenken
Musik: Johannes Klan


Orlac’s Hände
Österreich 1924, 95 Min., Regie: Robert Wiene


Andere Meinungen

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„Was diesen Stummfilm von seinen wenigen Nachfolgern unterscheidet, ist der Bereich, in dem sich der Horror abspielt. Wieners Werk ist streng gesehen ein Kriminalfilm, der mit dem Genre des Psycho-Dramas Hand in Hand geht. Der Horror kommt nicht von außen, sondern aus dem psychologischen Bereich. Hier wird keine Hand zum Monster, was der einfachere Weg wäre, hier wird ein einst gesunder Geist von dem Gedanken verunsichert, dass sein Körper nun die Hände eines Mörders trägt. Die Angst, die der Zuschauer verspürt, bildet sich aus der Angst des Protagonisten, und darin liegt ein weiter Kunstgriff des Regisseurs.“
Schlombies Filmbesprechungen

„Die Schatten, die Orlacs Gemüt bevölkern, übertragen sich auch auf die Leinwand, die zumeist das in Halbschatten getauchte Innere der Künstlervilla zeigt. Die Charaktere verlieren sich in den riesigen, spärlich möblierten Räumen, während die Dunkelheit sich ins Unendliche auszudehnen scheint. Das Spiel mit Licht und Schatten beherrscht Wiene meisterhaft – jede Szene wird bereits durch die grandiose Lichtdramaturgie zu einem Stimmungsbild. Atmosphärisch dicht erzählt, mangelt es Orlac’s Hände dennoch zeitweilig an Spannung, worüber auch die eingestreuten Kriminalfilm-Motive nicht hinwegtäuschen können. Doch die gespenstische Aura und die Unschlüssigkeit, ob Orlac ein Opfer übernatürlicher Mächte oder schlichtweg wahnsinnig ist, entschädigen für solche kurzen Durststrecken.“
Catherin für 100 Years of Terror


Trailer