Folge 1124
Heidi, Harald, Peter, Tom und Thomas mit ihren ersten, sehr unterschiedlichen Eindrücken von NO TIME TO DIE, Achtung Spoiler!
Download der Episode auch über den Feed
Achtung SPOILER!
Die Erwartungen an James-Bond-Filme sind mittlerweile absolut unerfüllbar. Ein moderner Held soll er sein, aber lässig wie in den 1960ern. Glaubwürdig sollen seine neuen Abenteuer sein, aber die Actionsequenzen sollen so „typisch Bond“ die Grenzen der Physik augenzwinkernd verschieben. Mit jeder hübschen Frau sofort ins Bett oder doch mittlerweile monogam? Craigs Bond trauert immer noch um Vesper Lynd und für ihn ist ein Nein ein Nein, Gottseidank. Die Welt, aus der die Figur James Bond und ihr ursprünglicher Wertekanon stammen, ist längst Geschichte. Das Fossil Bond hat es aber bis in die Gegenwart geschafft und ist dazu verdammt, sich neuen Wirklichkeiten anzupassen. Während also die einen feiern, dass Bond sich verändert, haben andere Angst, dass Bond einen veganen Martini bestellen könnte.
Der 25. Film der Reihe und die Abschiedsvorstellung von Daniel Craig ist geprägt von einer Liebesgeschichte. Seine Lebensgefährtin Madeleine musste nicht wie Vesper und die anderen Bond-Geliebten zuvor sterben. Bond könnte ein Leben jenseits der Agentenwelt haben, sogar eine Familie. Das gab es bei Bond so noch nie. Fukunaga inszeniert um diesen romantischen roten Faden herum einen Action-haltigen, episodischen Thriller mit den klassischen Bond-Zutaten: Beeindruckende Schauplätze, schöne Frauen, Kämpfe, das Ensemble der Freunde (M, Q, Moneypenny, Felix Leiter) und das Ensemble der Feinde (der verrückte Wissenschaftler, der Erzbösewicht, der die Welt vernichten will, der Bodyguard des Bösewichts). Bei Fukunaga ist aber alles etwas subtiler: die Action ist beeindruckend aber real, die Anspielungen sind subtil, der Humor trocken. Besonders die Episode auf Kuba ist wirklich großes Kino.
James Bond überwindet in diesem Film seine eigene Heldenrolle: Als 007 wurde er von Agentin Nomi (sehr stark: Lashana Lynch) bereits vollwertig ersetzt, nicht einmal der MI6-Pförtner erkennt ihn oder seinen Namen. Aber er hat etwas gefunden, für das es sich zu leben lohnt und für das es sich zu sterben lohnt – und es ist mehr als Königin und Vaterland. Zu James Bond gehörte immer, dass er am Ende überlebte und mit ihm das Gute siegte, inklusive klassische Schlusseinstellung mit Bondgirl im Arm und kühlem Martini in der Hand. Alles vorbei: Aus dem zynischen, beziehungsunfähigen Killer im Smoking wird nach einem halben Jahrhundert ein Held, der sich für Menschen opfert, die er liebt. Nicht nur für Daniel Craig ein besonderer und ein großer Abgang – hier hätte man auch die Filmreihe beenden können: JAMES BOND WILL NOT RETURN … Aber es wird weiter gehen mit James Bond, allein schon weil es ein großartiges Geschäft ist. Mit dem/der nächsten James Bond-Darsteller:in wird sich das Fossil auf jeden Fall weiter entwickeln.
Im Podcast direkt nach dem Film prallen die Meinungen wie Kurzstreckenraketen aufeinander: Während die hoffnungslosen Romantiker Tom und Thomas den Film lieben und Harald zufrieden ist, sprechen Heidi und Peter aus unterschiedlichen Gründen vernichtende Urteile über diesen Bond. Am Mikrofon direkt nach dem Kino – meinungsstark und diesmal unversöhnlich: Heidi, Harald, Peter, Tom und Thomas.
Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Quelle: SchönerDenken (Direkter Download der Episode über rechte Maustaste)
Musik von Johannes Klan
James Bond – No Time To Die
USA 2021, 163 Min., Regie: Cary Fukunaga
Trailer