Folge 916
Schwere Kost zum Festivalstart LA TERRE ABANDONNEE
Länge:14:51
Schwarmintelligenz bei Nippon Connection: Wir reden mit Aurelia und Brian von Tanuki Republic, mit Schlopsi von Infernal Cinematic Affairs und Micha von Schneeland über die Dokumentation „La Terre Abandonnee“.
Ein alter Bauer pflügt mit dem Traktor seinen Acker für die nächste Saat um – während wenige Meter weiter Männer in Schutzanzügen mit Baggern kontaminierte Erde abtragen. Das Leben in der radioaktiv verseuchten Sperrzone 30km rund um Fukushima ist vom eigentlich unvereinbaren Kontrast aus hilflosem Katastrophenmanagement und dörflichem Alltag geprägt. Obwohl auch nach Jahren immer noch aus rostigen Lautsprechern die Evakuierungsanweisungen für die Bevölkerung dröhnen, wollen einige wenige Menschen ihr Land nicht verlassen.
Aber wie lebt man dort, wo man eigentlich nicht überleben kann? Indem man die unsichtbare Bedrohung abwechselnd ignoriert und provisorisch mit ihr umgeht. „Wir sagen einfach, die Früchte sind in Ordnung“ sagt die Gastgeberin eines Kaffeeklatsches zu ihren Gästen und legt den zum ständigen Begleiter gewordenen Geigerzähler zur Seite, „greift zu!“
Die sehr zurückgenommene Dokumentation des Belgiers Gilles Laurent erzählt in beeindruckenden, düsteren Bildern vom Alltag in der fast menschenleeren Region. Ein tragisches oder ein hoffnungsvolles Portrait? Darüber reden wir im Podcast.
Lesetipp
Michael Schleh auf Schneeland: „Vom langsamen Sterben in der Sperrzone: La Terre Abandonnée von Gilles Laurent (2016)“
Boxenstop: Batteriewechsel bei der Aufnahme zu La Terre Abandonnee
Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Quelle: SchönerDenken (Direkter Download der Episode über rechte Maustaste)
Belgien 2016, 73 Min., Regie: Gilles Laurent
Und das sagt Nippon Connection über LA TERRE ABANDONNEE:
„Die Kleinstadt Tomioka liegt in der Sperrzone um das havarierte Kernkraftwerk Fukushima Daiichi und wurde 2011 evakuiert. Nur Naoto MATSUMURA weigerte sich fortzuziehen. Mittlerweile kommen auch frühere Bewohner*innen trotz hoher Strahlenwerte regelmäßig nach Tomioka, um in ihren Häusern und Gärten nach dem Rechten zu sehen. Ihre Hoffnung, sich bald wieder in der Heimat niederlassen zu können, erscheint angesichts wissenschaftlicher Erkenntnisse über radioaktive Strahlenbelastungen und Halbwertszeiten irrational. Gilles Laurents beeindruckender Dokumentarfilm konzentriert sich jedoch vor allem auf den unerschütterlichen Überlebenswillen, der sich in der Haltung dieser Menschen spiegelt.
Über den Regisseur
Gilles Laurent wurde 1969 in Bouillon, Belgien, geboren. Er studierte am Institut national supérieur des arts du spectacle et des techniques de diffusion (INSAS) in Brüssel und war in den Jahren danach als Tontechniker für zahlreiche Dokumentar- und Spielfilmproduktionen tätig. Kurz vor Fertigstellung seiner ersten Regiearbeit LA TERRE ABANDONNÉE kam er bei den Terroranschlägen in Brüssel am 22. März 2016 ums Leben.“