Niemand ist so verrückt, einen Film über die Magie des Films zu machen, wenn der Film selbst keinen Hauch Magie verströmt. Niemand würde sich selbst so überschätzen, einen Kinofilm zu drehen mit dem Anspruch jetzt das allerletzte, finale, letztgültige Schlusswort zum Thema Kino zu verkünden. Dieser Niemand ist Damien Chazelle. Es ist aufregend, Chazelle zuzuschauen, wie sein Film an den Ambitionen seines Regisseurs zerbricht.
Worum geht? Zwischen großen Parties, die mit viel zu vielen und daher wirkungslosen nackten Brüsten und wackelnden Popos bevölkert sind, gibt es eine unaufgeräumte Handlung um vier Protagonisten: einen Stummfilmstar a la Douglas Fairbank, der am Tonfilm scheitert, eine junge, wilde, drogensüchtige Schauspielerin, die an sich sich selbst scheitert, einen begnadeten farbigen Trompeter, der nicht schwarz genug ist und einen mexikanischen Tausendsassa, der sich in die falsche Frau verliebt.
Statt den Zwischentönen dieser interessanten Figuren Raum zu geben, werden sie immer wieder von großem Getöse und Massenszenen zur Seite geschoben, wie die zarte Annäherung zweier Frauen, die von einem Riesenrüpel mit dem Schrei „Arschbombe“ rüde auseinandergedrängt werden. Immer, wenn die Geschichte zart und besonders wird, lässt jemand die Hose herunter, springt Margot Robbie hysterisch und mehr oder weniger nackt durchs Bild oder es wird mit einer Schlange gekämpt oder mit einem Alligator oder jemand kotzt literweise dem Gastgeber eines eleganten Empfangs ins Gesicht.
Es ist schade um wunderbare, einzelne Szenen, um witzige Einfälle, um Küsse vor dem Sonnenuntergang. Diese Glanzlichter verblassen auch zwischen den Dialogen, in denen voller Pathos aber ohne Sinn über den Zauber des Kinos geraunt wird. Eher ein Film für Hollywood als ein Film über Hollywood. Im Podcast direkt nach dem mehr als drei Stunden langen Film reden wir über gelungene und misslungene Elemente, über Spaß, Irritation und Frustration im Zuschauerraum, über Musik, die (findet zumindest Thomas) leider genauso einfallslos und melancholisch-monoton ist wie in LA LA LAND, über die Notdurft eines Elefanten und Schuhcreme. Am Mikrofon vor dem Kino spät in der Nacht: Bettina, Uwe, Hendrik, Tom und Thomas.
Folge 1182
Unser erster Eindruck von BABYLON direkt nach dem Kino
Länge: 14:09
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Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Quelle: SchönerDenken
Bild: © 2022 Paramount Pictures
Musik: Johannes Klan
Babylon
USA 2022, 188 Min., Buch und Regie: Damien Chazelle
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