Hayao Miyazaki: DER JUNGE UND DER REIHER (Kimitachi wa Do Ikiru ka) #Japanuary2024

Ein Junge und ein Kobold mit einer großen Nase in einem Reiher-Kostüm, Szenenbild aus DER JUNGE UND DER REIHER © 2023 Studio Ghibli
Der dritte Film, den wir für den Japanuary 2024 geschaut haben, ist Miyazakis vielleicht letzter Film: DER JUNGE UND DER REIHER, im Original „Kimitachi wa Do Ikiru ka“, was so viel bedeutet wie „Wie wollt Ihr leben?“ – eine Verfilmung des Romans von Genzaburo Yoshino, der eine besondere Bedeutung für Miyazaki hat. Nach zehn Jahren Pause ist Miyazaki also wieder zurück mit einem bildgewaltigen Film. Im Mittelpunkt steht der Junge Mahito, der 1943 im Krieg seine Mutter verliert, Sein Vater heiratet später die jüngere Schwester seiner Mutter. Als sie verschwindet, gerät Mahito auf der Suche nach ihr wie einst Alice in ein Wunderland. Es sind verschiedene Welten, dominiert von einem magischen Turm. Dort sitzt sein alter Großonkel, der Herr über diese Welten, der einen Nachfolger sucht.

Miyzaki spricht in diesem Film in Metaphern, er zitiert sich selbst, er codiert und assoziiert. Viel Autobiographisches ist zu erkennen: Seine frühere Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegsjahre, sein Selbstportrait als alter Künstler. Vor allem geht es um Verlust und Tod, um die Kraft weiterzuleben und das Leben anzunehmen. Wenn man als Zuschauer versucht, beim ersten Schauen von DER JUNGE UND DER REIHER die Anspielungen und Rätsel zu verstehen und zu dechiffrieren, wird einem schnell der Kopf rauchen. Dann kann der Film sogar intellektuell überladen wirken.

Oder man lässt sich einfach fallen in die großartige Bilderwelt, wo sich die ganze Leinwand mit Vögeln füllt, wo wir mit Mahito immer tiefer in das Kaninchenloch fallen, mit offenem Mund die vielen Segelschiffe am Horizont bestaunen, bevor uns hunderte Pelikane auf Arnold Böcklins Toteninsel angreifen. Im Podcast direkt nach dem Film diskutieren wir unter anderem über die Musik, über den eigentlichen Filmtitel „Wie wollt Ihr leben?“, ob man den Film am liebsten direkt noch einmal sehen will und sind uns einig, dass wir nie wieder Sittiche mit den gleichen Augen sehen werden. Am Mikrofon direkt nach dem Film in der Kälte vor dem Kino: Bettina, Katharina, Kristin, Johanna, Harald, Hendrik, Tom und Thomas.


Folge 1261
Die Üblichen Verdächtigen mit ihrem ersten Eindruck von DER JUNGE UND DER REIHER
Länge: 12:20



Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Quelle: SchönerDenken
Bild: © 2023 Studio Ghibli
Musik von Johannes Klan


Der Junge und der Reiher (Kimitachi wa Do Ikiru ka)
Japan 2023, 124 Min., Regie: Hayao Miyazaki


Andere Meinung

„Auf die zentrale Frage – wie wollt ihr leben? – gibt es keine schlichte Antwort, das große Geheimnis des Todes lässt sich nicht in ein klares Bild fassen, und so bleibt manches an „Der Junge und der Reiher“ bis zum Schluss dunkel und undurchsichtig. In vielfältigen Dimensionen schichtet Miyazaki Welten aufeinander, die mal nach rätselhaften und dann wieder nach grausig vertraut erscheinenden Regeln funktionieren – Welten, in denen hungrige Pelikane gezwungen sind, sich von ungeborenen Seelen zu ernähren, und Welten, in denen menschenfressende, monarchistische Wellensittiche von der Weltherrschaft träumen.“
Jochen Werner für filmstarts.de


Der Trailer